50 Jahre Oregon Country Fair
In den Wäldern Oregons feiern an diesem Wochenende Zehntausende ein Hippie-Fest und tauchen ab in eine alternative Welt.
So voll ist der Bus das ganze Jahr nicht
Um die jährlich etwa 45.000 Besucher zu dem Wald am Long Tom River zu bringen, werden die Busse des Lane Countys eingesetzt. Auf der Fahrt geht es vorbei an Kuhwiesen, Farmen, einem Kampagnen-Schild mit dem Slogan "Politiker wollen eure Waffen wegnehmen" und schließlich dem Örtchen Veneta. Howard Rubin (r.) ist aus Kalifornien und liest schon mal im "Peach Pit", was ihn dieses Jahr alles erwartet.
Alles begann mit einer Benefizveranstaltung
Im November 1969 taten sich ein paar Eltern zusammen und organisierten die erste Fair, um Geld für ihre alternative Schule, Children's House, zu sammeln. Sie schauten sich in Kalifornien die Idee des Mittelalterfestes ab. Damals fand die Fair noch auf einer verlassenene Pfirsichplantage statt. Kommunen und Kooperativen in der Gegend unterstützen das Fest, und brachten ihre Weltvorstellung mit.
Musikfestival - aber auch politische Fundgrube
Aktivisten der Alternativkultur aus den 70ern fühlten sich wohl auf der Fair. Sie warben für ein simples Leben, wirtschaftliche Unabhängigkeit, ein liebevolles Zusammensein und lehnten eine strikte Gender-Politik ab. Noch immer sind Politik und Bildung ein Teil des Events, etwa mit Vorträgen über Honigbienen, oder die Entkolonisierung von Sexualität, aber auch mit Tänzen "für den ewigen Frieden".
Unfug hilft bei ernsten Themen
Auf einer der Bühnen gibt es Musiktheater am Nachmittag. Die tanzenden Croissants und Aliens sind zwar lustig gekleidet, aber ihre Texte sind ernst gemeint: "Alles andere als ein enthusiatisches Ja, heißt Nein!" Einige der Darsteller verarbeiten mit dem familientauglichen Stück ihre Traumata durch Vergewaltigung.
Ein bisschen Karneval passt auch dazu
Eine entfernte Posaune hat man das ganze Wochenende über im Ohr. Regelmäßig zieht eine Parade - komplett mit Marschorchester - durch das Gelände. Warum auch nicht? Viele Besucher verkleiden sich auch selbst, manche kommen oben ohne, oder mit Körperbemalung und viel Glitzer.
Der Weg ist das Ziel
Das Gelände der Fair hat die Größe eines ausgewachsenen Stadtzentrums und alles hat einen Namen: Da wäre die Strawberry Lane, Abbey Rode, der Spirit Tower oder auch Chela Mela Meadow. Doch eigentlich wollen sich die meisten Besucher verlieren - mit und ohne Drogen. Drogen und Alkohol sind hier zwar offiziell verboten, trotzdem finden Marihuana und der ein oder andere Zauberpilz ihren Weg hinein.
Die Fair-Bauten bleiben das ganze Jahr über
Die Oregon Country Fair wurde 1980 eine registrierte gemeinnützige Organisation. Zwei Jahre später spielte die legendäre Band Greatful Dead, um Gelder zu sammeln, damit die Fair das Land, auf dem das Event stattfindet, kaufen konnte. Dies gelang Mitte der 80er Jahre, nachdem zunächst der Bau einer Autobahn verhindert werden konnte und dann archäologische Stätten von Ureinwohnern gefunden wurden.
Hinter den Kulissen
Mehr als 30 Arbeitsgruppen, bestehend aus zahlreichen Freiwilligen, sorgen dafür, dass sich das Chaos in Grenzen hält. Die Jobs sind heiß umkämpft, denn wer hier arbeitet, darf über Nacht bleiben. Eine Woche campen alle Arbeiter direkt auf dem Fairgelände. Es gibt kein fließendes Wasser, kein Stromnetz, dafür aber exklusive Konzerte und ein buntes Nachtleben.
Sprituelle Welten
Auch das darf nicht fehlen: ein Schamane am Wegesrand, der lebenswichtige Fragen beantwortet. Man findet auch allerhand andere Tore zur spirituellen Welt, wie Gruppenmeditation oder Tarot-Kartenleser.
Batik wohin das Auge schaut
Lavana "Apppletree" verkauft seit 36 Jahren ihre Batik-Kleidung. In Florida geboren, kam sie über Kooperativen in Colorado nach Oregon. "Heute entdecken die jungen Leute, was uns schon vor Jahrzehnten wichtig war: im Einklang mit der Umwelt zu leben." Für sie ist die Fair eine Utopie, die jedes Jahr wie aus dem Nichts erscheint, um Nachhaltigkeit und friedliches Zusammenleben zu feiern.
Handgemachtes in 2. Generation
Daniel Walling lernte vor bald 20 Jahren das Handwerk von seinem Vater, einem Schuhmacher. Mittlerweile hat er sein eigenes Geschäft, verarbeitet Leder zu Gürteln, Schlüsselanhängern, Geldbörsen oder Hundeleinen. Seit sieben Jahren hat er einen Stand auf der Fair. Bis zu 6000 US-Dollar Umsatz macht er dort jedes Jahr. Die Organisation sei manchmal chaotisch, Spaß mache es trotzdem.
Recycling reicht nicht mehr
Auf dem ganzen Gelände gibt es kein Plastik mehr und die Organisatoren recyclen so viel wie möglich. Für die Zukunft haben sie noch größere Ziele gesetzt: Bis 2025 wollen sie den CO2-Fußabdruck so klein wie möglich halten und das Event emissionsneutral gestalten.
Willkommen zu Hause!
Auch die 51. Oregon Country Fair wird wohl wieder ein zauberhaftes Fest werden, ein magischer Ort, an dessen Eingang jeder mit den Worten "Willkommen zu Hause!" begrüßt wird. Sie werden wieder kommen - aus Kalifornien, aus dem Rest der USA, sogar aus dem Ausland reisen die Gäste immer wieder an.
An der Westküste der USA ist der Geist der 70er Jahre lebendig und zieht sich wie ein roter Faden durch die Fair: eine Mischung aus Handwerkermarkt, Musikfestival, Zirkus, Kostümball, Ökokonferenz und Unfug.