20 Jahre Haft für gambischen Ex-Innenminister Ousman Sonko
15. Mai 2024Das Schweizer Bundesstrafgericht hat den gambischen Ex-Innenminister Ousman Sonko wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Sonko wurde wegen einer Reihe von Straftaten schuldig gesprochen, die er zwischen 2000 und 2016 unter dem Regime des ehemaligen gambischen Diktators Yahya Jammeh begangen hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte in dem Prozess in Bellinzona in der Südschweiz eine lebenslange Haft gefordert. Der heute 55-Jährige - auch als "Folterkommandant von Gambia" tituliert - kann gegen das Urteil Berufung einlegen.
Sonko befindet sich seit Januar 2017 in Schweizer Haft, nachdem er nach seiner Entlassung aus der Regierung des westafrikanischen Landes Asyl beantragt hatte. Er wurde nach dem Prinzip der universellen Gerichtsbarkeit angeklagt, das es Ländern erlaubt, mutmaßliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Völkermord zu verfolgen - unabhängig davon, wo sie begangen wurden.
Verbrechen mehr als 20 Jahre lang begangen
"Die Verurteilung von Ousman Sonko, einer der Stützen des brutalen Regimes von Yahya Jammeh, ist ein wichtiger Schritt auf dem langen Weg zur Gerechtigkeit für Jammehs Opfer", sagte der US-Anwalt für Menschenrechte, Reed Brody. Er betreut Opfer von Jammehs Herrschaft und verfolgte den Prozess in der Schweiz. "Dieses Urteil bestätigt, dass Gerechtigkeit keine Grenzen kennt und dass die 'universelle Gerichtsbarkeit' zu einem mächtigen Instrument geworden ist, um Tyrannen und Folterer zur Rechenschaft zu ziehen", sagte Brody in einer Erklärung.
Die Anwälte der Kläger hatten erklärt, es bestehe kein Zweifel daran, dass Sonko während der gesamten Zeit von Jammehs repressivem Regime zum inneren Kreis gehörte. Jammeh regierte Gambia von 1994 bis 2016 mit eiserner Hand. Sonko wurde von der Schweizer Staatsanwaltschaft beschuldigt, "systematische und allgemeine Angriffe im Rahmen der von den gambischen Sicherheitskräften gegen alle Regimegegner durchgeführten Repressionen unterstützt, daran teilgenommen und sie nicht verhindert zu haben".
Oppositionelle, Journalisten und Putschverdächtige im Visier
Die Anklage umfasste neun Fälle von Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Sonko wurde vorgeworfen, "vorsätzlich getötet, gefoltert, vergewaltigt und Personen in schwerwiegender Weise unrechtmäßig ihrer Freiheit beraubt" zu haben. Es traf vor allem Oppositionelle, Journalisten und als Putschisten verdächtige Personen. Sonko soll die Verbrechen zunächst in der Armee, dann als Generalinspekteur der Polizei und schließlich als Innenminister von 2006 bis 2016 begangen haben. Die Anklage wegen Vergewaltigung stellte das Gericht allerdings ein.
Seine Anwälte argumentierten hingegen, dass er nicht wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt werden könnte. Bei den mutmaßlichen Straftaten habe es sich um isolierte Handlungen gehandelt, für die Sonko ihrer Meinung nach keine Verantwortung tragen könne.
Im Jahr 2022 stimmte die gambische Regierung den Empfehlungen einer Kommission zu, die die während der Jammeh-Ära verübten Gräueltaten untersuchte. Die Behörden erklärten sich bereit, 70 Personen strafrechtlich zu verfolgen. Darunter ist auch der Ex-Diktator selbst, der aber schon 2017 nach Äquatorialguinea ins Exil gegangen war. Im April verabschiedete Gambias Parlament dann Gesetzentwürfe zur Einrichtung eines Sonderstaatsanwalts, der die von der Kommission ermittelten Fälle verfolgen soll, und zur Schaffung eines Sondergerichts.
sti/kle (afp, ap, rtr, epd)