150 Jahre Bethel: Ein Dorf für Hilfsbedürftige
1867 wurden die Von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel gegründet - Startschuss für das heute größte diakonische Unternehmen Europas. Mehr als 200.000 Menschen werden mittlerweile im "Haus Gottes" umsorgt.
Ein Grund zum Feiern
2017 feiert die Von Bodeschwinghsche Stiftung ihr 150-jähriges Bestehen. Am 6. November 1867 wurde die offizielle Einweihung der am 14. Oktober eröffneten Anstalt begangen. Die Einrichtungen mit Zentrale in Bielefeld-Gadderbaum betreuen nicht nur Menschen mit körperlichen Behinderungen, sondern auch psychisch Erkrankte, hilfsbedürftige Jugendliche und alte Menschen.
Neue Heimat
Schrauben, Anleitungen und Montageteile - alles muss fein säuberlich in Plastiktütchen verpackt werden: In einer Bethel-Werkstatt kümmern sich Menschen mit Behinderungen um das Bau-Material für Hängeregale. "Wenn ich meine Anfälle habe, bin ich hier gut aufgehoben", erzählt eine Frau, die unter Epilepsie leidet. Schon seit dem Startschuss von Bethel steht die Betreuung von Epileptikern im Fokus.
Arbeit statt Almosen
Die ersten drei epilepsiekranken Jungen zogen bereits im Gründungsjahr 1867 in die Pflegeanstalt ein. Bethel-Gründer Friedrich von Bodelschwingh nimmt sich aber auch bald der "Brüder von der Landstraße" an. In Arbeiterkolonien sollen die Obdachlosen eine neue Heimat finden. Die Eckhardtskirche - hier eine Aufnahme um 1903 - war Zentrum einer solchen Arbeiterkolonie.
Unrecht in Zeiten des Nationalsozialismus
Auch Bethel unterlag dem Druck des NS-Regimes. Auf der Internetseite räumt die Stiftung Zwangssterilisationen von über 1000 Behinderten und Kranken ein. Inwieweit Bethel zur "Euthanasie" beigetragen hat, ist umstritten. Fritz von Bodelschwingh der Jüngere schrieb 1945: „Die Ärmsten unserer Kranken aber, die man in der letzten Zeit für lebensunwert erklärt hatte, blieben wunderbar bewahrt.“
Familientradition in Bethel
Der Theologe Friedrich von Bodelschwingh, Enkel des Namensgebers, leitete die Stiftung ab 1959. Hier steht er im Jahre 1962 vor dem damals neuen Zentrum für Epilepsieforschung. Neben dem Epilepsiebereich entstanden bereits Ende des 19. Jahrhunderts Hilfsangebote für Arbeits- und Obdachlose, später dann auch für psychisch Kranke und Suchtkranke.
Die Zivis kommen
Mit Knickerbocker oder Anzug kamen 1961 die ersten Kriegsdienstverweigerer nach Bethel. In den nächsten zwölf Monaten werden sie als Hilfspfleger in Krankenhäusern und Pflegeheimen arbeiten. Eine Diakonisse begleitet sie zur Einkleidung: Ihr Erkennungszeichen wird der blau-weiß-gestreifte "Bruderkittel" sein, den auch die Diakone tragen.
Hilfe im Wandel
Schlüssel sortieren im Heimathof Homborn: Für viele alkoholkranke Obdachlose war diese Bethel-Einrichtung am Rande im Ruhrgebiets die letzte Chance, wieder auf die Beine zu kommen. Mehr als 3500 Menschen wurden in mehr als 50 Jahren betreut. 2011 wurde der Standort zugunsten von drei anderen Einrichtungen ganz in der Nähe geschlossen. Mittlerweile sind Flüchtlinge in das Gebäude eingezogen.
Von allem etwas
Kleidung, Bücher, Haushaltsgeräte: Im Second-Hand-Kaufhaus finden Menschen für wenig Geld gut Erhaltenes. Die sogenannte Brockensammlung in Bethel ist die größte Kleidersammlung in Bielefeld und Umgebung. Die Stiftung hat nicht nur einen eigenen Laden, sondern auch einen eigenen Radiosender - ab 18 Uhr wird für eine Stunde gesendet, moderiert von Menschen mit und ohne Behinderungen.
Stadt in der Stadt?
Bethel - hebräisch für "Haus Gottes" - ist inzwischen fast eine Stadt in der Stadt: Es gibt Krankenhäuser, Altenheime, Werkstätten, eine Hochschule, Kindergärten, Schulen, Hospize. Doch Bethel will lieber ein integrierter Teil von Bielefeld sein: Zwischen den Einrichtungen sollen künftig auch Menschen ohne Beeinträchtigungen leben. Heute beschäftigt das Hilfswerk 18.500 Mitarbeiter.