Mit Ökostrom Erdgas gewinnen
27. März 2011Der weitere Ausbau von erneuerbaren Energien birgt ein Problem: Wind und Sonne sind stark wetterabhängig. Mal bläst der Wind und die Sonne scheint und mal eben nicht. Für eine konstante Energieversorgung sind deshalb neue Verfahren gefragt, mit denen Ökostrom langfristig gespeichert werden kann. Forscher und Investoren wollen dies mit der Pilotanlage im rheinland-pfälzischen Morbach möglich machen.
Die Hoffnung der Entwickler ist ein schmuckloser rund sechs Meter langer, drei Meter breiter und genauso hoher weisser Container, den sie im Energielandschaftspark Morbach aufgebaut haben. Im Inneren des Containers verlaufen viele Rohre. Ein dumpfes Zischen ist das einzige Geräusch, das die Anlage von sich gibt.
Energieverluste nicht vermeidbar
Gleich hinter dem Container steht eine Biogasanlage, die wiederum die Anlage im Inneren des Containers mit Kohlenstoffdioxid (CO2) versorgt. Ein Mix aus Wind- und Solarenergie liefert den Strom. Mit dem Strom wird nun Wasserstoff produziert. Durch die Reaktion von Wasserstoff und CO2 entsteht dann Methan, der Hauptbestandteil von Erdgas.
Bei der Umwandlung von Ökostrom in Methan geht allerdings ein Drittel der eingesetzten Energie verloren. Das klingt erstmal nicht besonders effizient, doch die Entwickler der Anlage vom Zentrum für Sonnenschein und Wasserstoffforschung Baden Württemberg sind zuversichtlich, dass sich die Technologie dennoch durchsetzen wird. Denn bisher gebe es keine andere Möglichkeit Strom langfristig zu speichern, sagt Ulrich Zuberbühler, Ingenieur am ZSW.
Geschlossener Kreislauf
Saisonal speichern lässt sich der Ökostrom also über einen Umweg. Denn mit dem erzeugten Methan kann anschließend, genau wie beim Erdgas, durch Verbrennung in konventionellen Industriekraftwerken, Strom erzeugt werden. Die Wissenschaftler nennen diesen Prozess "verstromen". Das Verstromen von Methan oder Erdgas ist klimafreundlicher, als wenn Strom mit anderen fossilen Energieträgern, wie beispielsweise Kohle, produziert wird. Beim Verbrennen entsteht genau wie bei Erdgas das klimaschädliche CO2. Nach Angaben von Zuberbühler wird dieses CO2 aber bei der Produktion von Methan wieder aus der Atmosphäre entnommen: "Durch die Pflanzen, die wir in der Biogasanlage verbrennen, holen wir das CO2 wieder zurück."
Die Menge an Methan, die mit Hilfe der Pilotanlage gewonnen werden kann ist allerdings noch sehr gering. Doch geht es nach den Wünschen der Entwickler und der Investoren, soll bereits in zwei Jahren eine Sechs-Megawatt-Anlage einsetzbar sein. "Im besten Fall werden wir viele von diesen großen Anlagen haben und zwar dort, wo wir heute schon Probleme haben, große Strommengen im vorhandenen Stromnetz aufzunehmen", sagt Michael Specht, Leiter des Instituts für erneuerbare Kraftstoffe an der ZSW. "An diesen Netzknotenpunkten könnten diese Anlagen stehen, dort dann Ökostrom in Methan umwandeln, es in die Ergasleitungen einspeisen und über die vorhandenen Speicherkapazitäten wird dieses Methan dann gelagert und kann bedarfsgerecht verstromt werden."
Gute Ausgangsbedingungen
Funktioniert diese Technologie, wäre das ein Durchbruch auf dem Weg zu einer Stromversorgung aus 100 Prozent erneuerbaren Energien. Denn dann könnte die Energie aus Wind oder Sonne tatsächlich langfristig gespeichert werden. Kapazitäten für die Speicherung und Verteilung des Erdgases gibt es schon, denn Deutschland besitzt viele unterirdische Speichermöglichkeiten für das Erdgas, sogenannte Kavernenspeicher. Auch die Pipeline-Infrastruktur für die Verteilung ist weitestgehend ausgebaut. So könnten größere Mengen an Energie zwischengespeichert werden, als das heute der Fall ist.
Denn momentan sind Pumpspeicherkraftwerke, also große künstliche Seen, in denen auf Knopfdruck Wasser in Energie umgewandelt werden kann, die einzige bereits praktizierte Möglichkeit für die Speicherung von Strom. Die Kapazität, die für eine Vollversorgung von erneuerbaren Energien benötigt werde, sei aber 500 bis 1000fach größer als die Speicherkapazitäten, die es in Deutschland an Pumpspeicherkraftwerken gebe, sagt Michael Specht. "Und noch viel mehr Pumpspeicherkraftwerke sind schon wegen der geologischen Bedingungen in Deutschland überhaupt nicht baubar."
Hoffen auf die Politik
Die Investoren, die deutsche Firma juwi und SolarFuel aus dem österreichischen Salzburg, glauben fest an einen Erfolg der Anlage: "Wir gehen davon aus, dass der Markt für Energiespeicherung einer der größten Märkte ist, die momentan entstehen", sagt Gregor Waldstein, Inhaber von SolarFuel. Auch die Politik werde nachziehen und durch Subventionen Anreize für den Bau von neuen Speichertechniken schaffen, sobald sich die Anlage als nützlich erwiesen habe. "Das ist so passiert bei der Windenergie, das ist so passiert bei der Photovoltaik und wir gehen davon aus, dass es mit unserer Technologie ähnlich passiert."
Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Denn bevor die große Sechs-Megawatt-Anlage 2013 anfängt Ökostrom in Methan umzuwandeln, müssen noch weitere Erfahrungen mit der Technologie gesammelt werden. Dieses Jahr wollen Forscher und Investoren deshalb zwei etwas größere Pilotanlagen bauen und testen.
Autor: Nicolas Martin
Redaktion: Monika Lohmüller