Äthiopien erklärt "humanitären Waffenstillstand" in Tigray | Aktuell Afrika | DW | 24.03.2022

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Horn von Afrika

Äthiopien erklärt "humanitären Waffenstillstand" in Tigray

Seit Jahren leidet die Bevölkerung in Tigray unter dem bewaffneten Konflikt zwischen Aufständischen und Armee. Jetzt will die äthiopische Regierung mehr Hilfe in die Region lassen. Experten mahnen zur Eile.

Säcke mit Nahrungsmitteln des World Food Programms liegen in einer Lagerhalle

Mehr als neun Millionen Menschen im Norden Äthiopiens brauchen dringend humanitäre Hilfe

Der "humanitäre Waffenstillstand" sei "unbefristet" und trete "sofort" in Kraft, verkündete die Regierung von Ministerpräsident Abiy Ahmed. Ziel sei eine "substanzielle Verbesserung der humanitären Situation vor Ort und die Ermöglichung einer Lösung des Konflikts im Norden Äthiopiens ohne weiteres Blutvergießen".

Nach Angaben der Vereinten Nationen brauchen in den drei nördlichen Regionen Amhara, Afar und Tigray insgesamt 9,4 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Der Zentralregierung, aber auch anderen Konfliktparteien, war immer wieder vorgeworfen worden, diese zu blockieren.

Appell an die Rebellen

"Um den Erfolg des humanitären Waffenstillstands zu optimieren, ruft die Regierung die Aufständischen in Tigray auf, von allen weiteren aggressiven Akten abzusehen und sich aus Gebieten zurückzuziehen, die sie in Nachbarregionen besetzt haben", heißt es in der Erklärung aus Addis Abeba weiter.

Äthiopiens Premierminister Abiy Ahmed

Friedensnobelpreisträger und Äthiopiens Premierminister: Abiy Ahmed

Die Rebellen reagierten nur wenige Stunden später: Man verpflichte sich zur "sofort wirksamen Einstellung der Kampfhandlungen", erklärte die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF), und man wolle einen "Erfolg" des Waffenstillstands. Die Rebellen kritisierten aber "die Verknüpfung von politischen und humanitären Fragen". Von Addis Abeba forderten sie "konkrete Maßnahmen, um den uneingeschränkten Zugang zu Tigray zu erleichtern". 

Regierungschef und Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed wurde in den vergangenen Monaten eine de-facto-Blockade Tigrays vorgeworfen. William Davison, Äthiopien-Experte der Forschungsgruppe International Crisis Group, bezeichnete den humanitären Waffenstillstand als "wichtigen Schritt". Es sei jedoch entscheidend, dass das Versprechen schnell umgesetzt werde, betonte Davison. Die Lieferung humanitärer Hilfe sei für die Bevölkerung von Tigray, die seit Dezember keinerlei derartige Unterstützung erhalten habe, "von entscheidender Bedeutung".

Konflikt mit Tausenden von Toten und Millionen Flüchtlingen

Der militärische Konflikt zwischen der äthiopischen Zentralregierung und der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) begann im November 2020. Inzwischen hat er sich auch auf Tigrays Nachbarregionen Amhara und Afar ausgeweitet.

Zwei junge Männer in der Region Afar in Äthiopien

Der 2020 ausgebrochene Tigray-Konflikt hat sich längst auf die Regionen Afar und Amhara ausgeweitet

Seit Beginn der Kämpfe wurden nach UN-Angaben tausende Menschen getötet und mehr als zwei Millionen weitere in die Flucht getrieben. Die Vereinten Nationen werfen allen Konfliktparteien schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Millionen Menschen in Tigray und den Nachbarregionen sind nach Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen. Humanitäre Hilfslieferungen nach Tigray wurden nach UN-Angaben bislang blockiert.

In dem hinsichtlich der Bevölkerungszahl zweitgrößten Land Afrikas mit 115 Millionen Einwohnern haben die Auseinandersetzungen in mehreren Teilen des Landes zu einer schweren wirtschaftlichen und humanitären Krise geführt. Die USA und die EU haben Hilfsgelder gekürzt, die jährliche Inflationsrate belief sich 2021 auf rund 35 Prozent.

mak/cw (dpa, afp, epd)