Österreich wählt
29. September 2013Die Österreicher wählen an diesem Sonntag ihr neues Bundesparlament, den Nationalrat, für die kommenden fünf Jahre. Die Wahllokale öffneten am Sonntagmorgen (MESZ).
Die regierende sozialdemokratische SPÖ mit Bundeskanzler Werner Faymann und ihr Koalitionspartner, die konservative ÖVP mit Spitzenkandidat und Vizeregierungschef Michael Spindelegger, müssen mit Verlusten rechnen. Für eine Neuauflage der von beiden Seiten angestrebten Großen Koalition könnte es also knapp werden.
Diese Regierungsform ist die mit Abstand häufigste in der Alpenrepublik. Kritiker bemängeln, dass beide Großparteien Österreich schon seit Jahrzehnten unter sich aufgeteilt hätten; ohne schwarzes oder rotes Parteibuch sei eine Karriere deutlich schwieriger. Diesen "Stillstand" und die verkrusteten Strukturen aufzubrechen, ist erklärtes Ziel aller Oppositionsparteien von links bis rechts.
Ob die "beliebteste unbeliebte Regierungsform" fortbesteht, hängt auch davon ab, wie viele Parteien es über die in Österreich geltende Vier-Prozent-Hürde schaffen. Bundesweit bewerben sich Kandidaten aus neun Parteien um ein Mandat in dem 183 Sitze umfassenden Nationalrat in Wien.
Wie schneiden die Rechtspopulisten ab?
Laut jüngsten Meinungsumfragen dürfte die SPÖ wieder auf Platz eins landen. Spannend wird jedoch das Rennen um den zweiten Platz: Die christlich-soziale ÖVP lag zuletzt nur zwei Prozentpunkte vor der rechtspopulistischen und europaskeptischen FPÖ, dicht gefolgt von den Grünen.
Die Grünen versuchten sich im Wahlkampf als einzige Partei zu profilieren, die nicht in einen der zahlreichen Korruptionsskandale im Land verstrickt ist. Die FPÖ setzte statt Hetzparolen dieses Mal bei gleicher Botschaft auf Subtileres: Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache lächelt neben dem Slogan "Liebe deinen Nächsten - Für mich sind das unsere Österreicher" von den Plakaten.
Stronach verspielt seinen Bonus
Mit Spannung wird auch das Abschneiden des 81-jährigen Politneulings und Milliardärs Frank Stronach erwartet. Der Gründer des Autoteilezulieferers Magna betrieb keine Ausländerhetze, fuhr aber ebenfalls einen eurokritischen Kurs. Stronach versprach auch ein völlig neues Steuersystem. Einst deutlich zweistellige Umfragewerte für sein Team Stronach schmolzen zuletzt allerdings wegen skuriler und wirrer Auftritte des Parteigründers auf sechs bis acht Prozent.
Bei den neu gegründeten liberalen NEOS will ein weiterer Ex-Konzernchef mit Wirtschaftskompetenz punkten. Der Gründer des Baukonzerns Strabag, Hans Peter Haselsteiner, bewirbt sich als künftiger Finanzminister und warnt, dass die Wirtschaftskrise noch lange nicht vorbei ist.
Kampf um jugendliche Wähler
Insgesamt sind in Östereich mehr als 6,3 Millionen Menschen stimmberechtigt. Experten schätzten vor dieser Wahl die Gruppe der Unentschlossenen mit 15 bis 25 Prozent sehr hoch ein. Die Parteien kämpften deshalb auch nach ihren Abschlussveranstaltungen am Samstag weiter. Die Sozialdemokraten warnten vor einem konservativ-rechten Bündnis, die ÖVP propagierte den Kanzlerwechsel.
Bereits zum zweiten Mal dürfen bei der Nationalratswahl auch Jugendliche ab 16 Jahren ihr Kreuz machen. Österreich steht damit alleine in Europa. Vor fünf Jahren profitierte vor allem die FPÖ von den Jungwählern.
Die Wahllokale sind bis 17 Uhr MESZ geöffnet. Kurz darauf werden erste Hochrechnungen erwartet. Das vorläufige Endergebnis soll noch am Abend feststehen.
se/wl (dpa, afp, rtr)