Ägyptens Wirtschaft in der Krise
Stockende Projekte, gefährdete Außendienstmitarbeiter, beschädigte Infrastruktur: Durch die bald zwei Jahre anhaltenden Unruhen steht die ägyptische Wirtschaft kurz vor einem Kollaps.
Abschwung der Agrarwirtschaft
Die USA, der wichtigste Handelspartner, kauft von Ägypten vor allem Erdöl, Erdgas, Textilien und einige landwirtschaftliche Erzeugnisse. Umgekehrt kauft Ägypten von den USA Maschinen und Ausrüstungen, aber auch große Mengen Weizen. Nach Angaben der UN-Ernährungsorganisation FAO ist Ägypten größter Weizen-Importeur der Welt.
Erdgas für Europa?
Die staatliche Egyptian General Petroleum Company (EGPC) kontrolliert den Erdöl- und Erdgashandel. Mit ausländischen Unternehmen unterhält sie Vereinbarungen - zum Beispiel mit Jordanien, das Gas aus Ägypten über diese Pipeline (Bild) bezieht. Inzwischen aufgegebene Pläne sahen eine Verlängerung der Pipeline bis nach Europa vor.
Sorge um Suez
Mit dem Suezkanal kontrolliert Ägypten eine der weltweit wichtigsten Handelsrouten für Erdöl. Auch wenn der Kanal derzeit vom Militär geschützt wird, treibt die Krise die Ölpreise nach oben: Sie erreichten den höchsten Stand seit rund fünf Monaten.
Unruheherd Hafen
Der East Port Said (Bild) ist als Container-Umschlaghafen ein wichtiger Handelsplatz, neben den Häfen von Alexandria und Suez. Er liegt etwa 200 Kilometer von Kairo entfernt. Bereits im Frühjahr standen die Häfen im Zentrum von Unruhen. Eine reguläre Frachtschifffahrt war nicht mehr möglich.
Wirtschaftsstütze Bodenschätze
Bergbau und Industrie machen rund ein Drittel der ägyptischen Wirtschaftsleistung aus - die aber insgesamt niedrig bleibt: Mit rund 84 Millionen Einwohnern liegt Ägypten knapp über Deutschland, die Wirtschaftskraft war für 2012 allerdings auf weniger als ein Zehntel der deutschen geschätzt worden.
Eingeschränkte Eisenbahn
Leere Gleise, lahme Züge: Schon zu Beginn der Krise, im Jahr 2011, liefen weniger als fünf Prozent des ägyptischen Frachtverkehrs über die Eisenbahn. Der Ausbau der Strecke zwischen Kairo und Alexandria und der Verbindungen rund um den Suezkanal waren damals Projekte mit hoher Priorität.
Ausbaustopp der Autobahn
Über 45.000 Kilometer umfasst das ägyptische Straßennetz. Nicht einmal die Hälfte davon war vor der Krise in vernünftigem Zustand. Vor den Unruhen war allerdings geplant, einen Teil der Binneninfrastruktur zu erneuern und das Autobahnnetz auszubauen.
Abzug ausländischer Arbeitskräfte
Die Düsseldorfer Handelskette "Metro" (Bild) hat ihre Zentrale in Kairo geschlossen. Bis heute ist Deutschland unter den "Top Drei" der wichtigsten Wirtschaftspartner. Jetzt holen auch BASF, Thyssen Krupp und Henkel ihre Mitarbeiter aus dem Land.
'Boarding delayed'
Passagiere der Egypt Air müssen sich derzeit auf Verzögerungen einstellen: Wegen verschärfter Sicherheitskontrollen werden sie gebeten, bereits vier Stunden vor Abflug am Gate zu sein. Auch die Lufthansa fliegt Kairo weiterhin von Deutschland aus an; die anderen Gesellschaften haben ihr Angebot eingeschränkt oder abgesagt.
Tourismus auf Talfahrt
Am härtesten trifft die Krise die Tourismusindustrie, die ein Sechstel der ägyptischen Wirtschaftsleistung ausmacht und ein wichtiger Devisenbringer ist. Das deutsche Auswärtige Amt hat Reisewarnungen herausgegeben. Etliche Veranstalter haben alle Reisen bis Mitte September abgesagt.