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Kölns rabiate Abiturienten

15. März 2016

Bei den seit Tagen anhaltenden gewalttätigen Tumulten feiernder Abiturienten in Köln sind zwei 18-Jährige schwer verletzt worden. Nun befasst sich eine Ermittlungsgruppe der Kriminalpolizei mit den Schülern.

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Eine Polizeistreife nach den Tumulten vor dem Kölner Humboldt-Gymnasium (Foto: dpa)
Eine Polizeistreife nach den Tumulten vor dem Kölner Humboldt-GymnasiumBild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Erneut ist ein Streich von Oberstufenschülern in der Mottowoche vor den Kölner Abitur-Prüfungen eskaliert. Zwei Jugendliche wurden in der Nacht zum Dienstag schwer am Kopf verletzt, wie ein Polizeisprecher sagte. Die jungen Männer kamen zu Schaden, als sich vermutlich 200 Jugendliche aus rivalisierenden Schülergruppen an einem Gymnasium mit Gegenständen bewarfen. Eine 18-jährige Schülerin wurde leicht verletzt.

Nach ersten Erkenntnissen der Polizei bewarfen sich die Schüler am Humboldt-Gymnasium in der Kölner Südstadt mit Wasserbomben, Farbbeuteln und Eiern. Die Polizei ermittelt wegen Verstößen gegen das Waffengesetz, Körperverletzung, Landfriedensbruch sowie Verstößen gegen das Waffen- und Betäubungsmittelgesetz. Man habe Drogen sowie Baseballschläger und eine zur Schlagwaffe umgebaute Fahrradkette beschlagnahmt.

"Es ist deutlich zu weit gegangen"

Auf Facebook distanzierten sich User von der Gewalt: "Wir, die 12. Klasse des Humboldt Gymnasiums, beenden hiermit den 'Abikrieg'", wurde auf der Seite "Schweinerei 2016" geschrieben. "Es ist deutlich zu weit gegangen. Wir wurden mit Glasflaschen, Böllern, Eiern und Steinen abgeworfen. Wurfgeschosse, von denen sich jeder gesunde Mensch distanziert!" Ob mit Glasflaschen, Böllern und Steinen geworfen wurde, konnte die Polizei zunächst nicht bestätigen.

Das Humboldt-Gymnasium steht im Zentrum der Auseinandersetzungen (Foto: dpa)
Das Humboldt-Gymnasium steht im Zentrum der AuseinandersetzungenBild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Die Polizei kündigte nach einem Krisengespräch mit Vertretern der Staatsanwaltschaft und der Stadtverwaltung an, ihre Präsenz an neuralgischen Punkten wie den Schulen noch einmal zu erhöhen. "Wir werden uns mit noch stärkeren Kräften im Einsatzraum aufstellen", sagte der Sprecher. Die Kriminalpolizei habe außerdem eine spezielle Ermittlungsgruppe gebildet, um Straftaten im Umfeld der Feiern aufzuklären.

Kampf mit Wasserpistolen

In einem Schreiben wandte sich ein Vater eines Abiturienten an die Deutsche Presse-Agentur. Der Abi-Jahrgang des Humboldt-Gymnasiums hatte demnach beschlossen, die eigene Schule mit Wasserpistolen und -gewehren zu "verteidigen". Andere Schulen hatten sich dem Schreiben zufolge verständigt, die Schule gemeinsam anzugreifen. Der "Angriff" sei fortgesetzt worden, als sich die Schüler des Gymnasiums schon zurückgezogen hatten, hieß es weiter. Die Polizei sei von Anfang an dabei gewesen, habe aber erst "relativ spät" eingegriffen.

Die Polizei prüft nach dpa-Informationen auch einen möglichen Zusammenhang zu einem weiteren Vorfall in der Nacht: Auf einer Straße in Rodenkirchen seien Molotowcocktails gezündet worden. Allerdings sollen weder Menschen noch Gebäude beworfen worden sein. Ein Tatverdächtiger sei festgenommen worden, weitere seien flüchtig. Bereits in der Nacht zum Montag hatten mehrere Hundert Abiturienten insgesamt 15 Einsätze der Kölner Polizei ausgelöst und Sachbeschädigungen an sieben Gymnasien verursacht.

In Köln und anderswo veranstalten angehende Abiturienten vielfach Feiern sowie die inzwischen üblichen sogenannten Mottowochen. Während mit den abendlichen Festen in der Regel Geld für gemeinsame Aktivitäten gesammelt werden soll, verkleiden sich die Jugendlichen bei den Mottowochen jeden Tag für ihren Schulbesuch. Die eigentlichen Abifeiern und -streiche nach den Prüfungen folgen erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Das "Kröten-Kommando" distanziert sich

Auch in den vergangenen Jahren waren Feiern angehender Abiturienten in der Stadt eskaliert. 2013 etwa waren Bengalos und Knallkörper gezündet worden, es entstand hoher Sachschaden - schon damals schritt die Polizei ein. Damals soll das "Kölsch Kraat Kommando" (auf Hochdeutsch etwa "Kölner Proleten-Kommando"), wie sich die Abiturjahrgänge des Humboldt-Gymnasiums nannten, verantwortlich dafür gewesen sein, dass der "Schulkrieg" eskalierte, wie etwa der "Kölner Stadt-Anzeiger" und die "Westdeutsche Zeitung" berichtet hatten. Das "Kölsch Kraat Kommando" habe einmal "als ehrlicher Wettstreit unter einigen wenigen Schulen Kölns" begonnen, heißt es auf einer gleichnamigen Facebook-Seite.

Die Gruppe verbreitete im Internet satirische Kampfansagen an andere Schulen. Auf Facebook gab sie allerdings im Oktober 2015 bekannt, alle Aktivitäten in der Mottowoche einzustellen: "Wir wollen verhindern, dass es zum Modephänomen wird und künftigen Generationen nicht mehr bedeutet als eine Woche Action und ein bisschen Internetpöbelei."

stu/uh (afp, dpa)