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'Das wird eine Schlacht'

17. Juni 2008

"Adieu, les Bleus" oder "Arrivederci, Azzuri" - oder beides? Mindestens einen der wankenden Fußball-Giganten Frankreich und Italien ereilt das peinliche Vorrunden-Aus. Selbst ein Sieg garantiert kein Happy End.

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Franck Ribéry und Luca Toni
Bei den Bayern sind sie ein Team - doch heute abend sind Franck Ribéry und Luca Toni Feinde auf dem PlatzBild: AP/DW

Ohne die Schützenhilfe der bereits fürs Viertelfinale qualifizierten Niederländer im Spiel gegen Rumänien wären alle Mühen vergebens. Sollte nämlich Rumänien im parallel stattfindenden Spiel gegen die Niederlande tatsächlich einen Sieg erringen, stünden auf alle Fälle die Karpaten-Kicker in der Runde der besten acht Teams. Dann müssten sowohl Italien als auch Frankreich gedemütigt die vorzeitige Heimreise antreten - völlig unabhängig davon, wie ihr zum Finale hochstilisiertes Spiel ausgeht.

Französischer Fan mit Flagge und Perücke
Französische Fans freuen sich auf das 'vorgezogene Finale'Bild: AP

Dabei könnte Rumänien durchaus eine Chance gegen die zuletzt übermächtig auftretenden Oranje-Stars haben. Denn die Niederlande treten nicht in Bestbesetzung an. Das naheliegende Vorhaben der Niederländer, einige Spieler gegen Rumänien zu schonen, sorgte vor allem in Italien für mediale Spekulationen über eine mögliche Wettbewerbsverzerrung. "Holland, bleib ehrlich!", bettelte gar die Zeitung "Tuttosport".

"Rettet, was noch zu retten ist!"

Gianluigi Buffon
Italiens Torwart Gianluigi Buffon hielt schon bei der WM 2006Bild: AP

Die schwierige Ausgangslage ist auch Bayern-Star Franck Ribéry bewusst und veranlasste den französischen Stürmer zu martialischen Worten: "Wir sind noch nicht tot und fürchten niemanden. Das wird eine Schlacht." Die Zeitung "Le Parisien" nahm Ribérys Ball auf und forderte: "Rettet, was noch zu retten ist!"

Das gleiche Motto könnten sich indes auch die Italiener zu Eigen machen: Denn die Italiener würden bei einer Niederlage einen historischen Totalschaden erleiden. Noch nie in der EM-Geschichte musste ein amtierender Weltmeister bereits in der Vorrunde die Segel streichen. "Das Frankreich-Spiel ist für uns wie ein Finale. Wir müssen da rausgehen und das Spiel unseres Lebens machen", sagte Gianluigi Buffon. Der Torhüter hatte mit seinem gehaltenen Elfmeter beim 1:1 gegen Rumänien Italiens K.o. zunächst verhindern können.

Trainer in der Kritik

Frankreichs Trainer Domenech
Gar nicht beliebt: Frankreichs Trainer DomenechBild: Reuters/Charles Platiau

Während Buffon mit seiner grandiosen Parade von allen Seiten mit Lob bedacht wurde, steht sein Trainer Roberto Donadoni zunehmend in der Kritik. Der "Reizfigur" wird in Italien mangelnde Ausstrahlung und Durchsetzungskraft vorgeworfen. Im Falle eines Vorrunden-K.o. steht er vor der Ablösung. Bei der Squadra Azzurra gilt es als wahrscheinlich, dass dann WM-Architekt Marcello Lippi zurückkehrt. Auch Frankreichs Trainer Domenech spürt bereits kräftigen Gegenwind. So forderte Emmanuel Petit, Weltmeister von 1998, in Anspielung an die französische Revolution und die Guillotine: "Wir leben in Frankreich, da ist es normal, dass Köpfe rollen müssen."

Noch können allerdings beide Trainer ihren Kopf aus der Schlinge ziehen. Dabei ist vor allem auf französischer Seite die Spieleraufstellung für dieses so wichtige Quasi-Finale eher schwierig: Der in französischen Medien immer wieder geforderte umfassende Umbau der Defensive scheint kaum möglich. Denn der Defensiv-Stratege und Kapitän Patrick Vieira fällt auch im abschließenden EM-Gruppenspiel wegen einer Oberschenkelblessur aus.

Franzosen vermissen Zidane

Zinédine Zidane
Unrühmlicher Abgang mit Folgen: Zinédine ZidaneBild: AP

Doch auch andere große Fußballer werden im französischen Team vermisst: "Zidane fehlt uns. Er würde in so einem Moment den Ball nehmen und drei Tore machen", sagte Ribéry. Zinédine Zidane war nach einem Kopfstoß gegen den Italiener Marco Materazzi im WM-Finale vor zwei Jahren zurückgetreten. Materazzi hatte zuvor Zidanes Schwester unflätig beleidigt, seither hängt im das Etikett des Brutalos an.

Auch Materazzi dürfte im heutigen Spiel keine große Rolle spielen: Nach seiner desolaten Leistung beim Auftakt-Debakel gegen die Niederlande (0:3) bleibt für ihn zunächst der Bankplatz reserviert. Die Rolle des Hoffnungsträgers übernimmt dagegen Antonio Cassano, dem Donadoni wohl eine Chance von Beginn an gibt. "Heiliger Antonio, der das Wunder vollbringen soll", schrieb die "Gazzetta dello Sport".

Kommt am Ende das große Punktegefeilsche?

Dabei würde den Italienern (1 Punkt) - anders als den Franzosen (1), die auf jeden Fall gewinnen müssen, im Falle einer Niederlage der Rumänen (2) bereits ein Unentschieden reichen, um das Unheil noch abzuwenden. Allerdings gelang es seit der Einführung der Drei-Punkte-Regel im Jahr 1995 noch keinem Team, mit zwei Zählern die Vorrunde zu überstehen. (ag)