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"Noch nie dagewesene Veränderungen im Schelfeis"

Stefan Bienkowski cb
20. Januar 2017

Polarwissenschaftler Mike Dinn sprach mit der DW über die Arbeit des Britischen Antarktischen Forschungsprogramms (BAS) und erklärte den Umzug einer BAS-Forschungsstation.

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Halley VI Station Antarktis
Bild: British Antarctic Survey

DW: Was haben Sie zuletzt vom Halley VI Team gehört?

Mike Dinn: Die meisten sind gerade mit dem Umzug der Forschungsstation an einen 23 Kilometer entfernten Standort beschäftigt. Dort droht weniger Gefahr von den Rissen im Eis, deren Entwicklung wir über die letzten zwei Jahre beobachtet haben.

Das Britische Antarktische Forschungsprogramm (BAS) hat doch gesagt, dass "keine akute Gefahr" herrscht. Worauf beruht die Entscheidung, die Forscher jetzt umziehen zu lassen?

Wir haben in der Gletscherentwicklung des Schelfeis noch nie dagewesene Veränderungen beobachtet. Gerade in den vergangenen zwei Jahren haben wir einen stetigen Wandel gesehen - ein Riss im Eis, der sich ausbreitet und ein neuer, der sich in den vergangenen zwei Monaten geöffnet hat - der sogenannte "Halloween Riss", den wir das erste Mal am 31. Oktober letzten Jahres gesehen haben.

Halley VI Station Antarktis
Die Halley VI steht wie auf Skiern und kann so gut bewegt werdenBild: British Antarctic Survey

Wir haben Projektionen des Brunt-Schelfeis erstellt, bei denen wir viele verschiedene Faktoren berücksichtigt haben, zum Beispiel GPS Messungen und Bewegungen der Belastungsraten im Eis. Außerdem haben wir uns auf Satellitenbilder berufen, die unsere Perspektive erweitern und auf Radaraufnahmen, mit denen wir beobachteten, wie sich die Risse weiten. 

Woran arbeiten Forscher auf den Halley Stationen?

Seit wir 1956 in der Antarktis angefangen haben, haben wir magnetische und atmosphärische Studien durchgeführt. Die besondere Lage verschafft uns Vorteile. Wir müssen zwar nicht zwangsläufig auf dem Schelfeis sein, aber es ist gut, um einen Einblick in den näheren Weltraum und die obere Atmosphäre zu bekommen, und um die Interaktion zwischen diesen beiden zu beobachten.

Haben Sie vorhergesehen, dass die acht Module der Halley VI irgendwann bewegt werden müssten? Sie sehen ja sehr mobil aus - war das Absicht? Wie oft haben Sie geplant, die Module zu bewegen?

Ja, das war volle Absicht. Wir haben seit 1956 sechs verschiedene Forschungsstationen gebaut. Die Module haben hydraulische Beine, damit wir sie einfach aus dem Schnee heben können, von dem sie mit der Zeit ja immer mehr bedeckt werden.

Sie passen auf Skier und können so leicht abgeschleppt werden. Als die Module gebaut wurden, wurden sie vom Konstruktionsort zum jetzigen Standort von Halley VI gezogen. Uns war bewusst, dass die Station mit der Zeit immer weiter Richtung Meer wandern würde, weil sie auf dem Schelfeis sitzt, das sich bewegt und dann an der Meereskante abfällt. Man muss die Station also immer weiter ins Landesinnere versetzen, um zu verhindern, dass sie ins Meer fällt. Sie ist also für genau das gebaut, was wir jetzt machen.

Auf der Halley VI arbeiten 88 Menschen. Was sind besonders interessante Projekte, mit denen sie sich beschäftigen?

Wir haben eine Ozon Langzeitmessung, die entscheidend war für unser Verständnis des Ozonlochs - das sich jedes Jahr verstärkt im Frühling auf der Südhalbkugel manifestiert. Wir beobachten das seit langem und haben eine wichtige Rolle gespielt bei der Gesetzgebung zu diesem Thema und bei den Bemühungen, die Erdatmosphäre vor dem Ozonabbau zu schützen.

Wir beschäftigen uns auch mit Weltraumwetterereignissen. Die sind extrem wichtig für Kommunikationsstrukturen und viele andere Dinge. Satelliten zum Beispiel können durch Sonneneruptionen beschädigt werden. Wir arbeiten auch daran, solche Ereignisse vorhersagen zu können. Das ist eines unserer Projekte im Bereich Weltraumforschung.

Mike Dinn arbeitete 29 Jahre lang für das Britische Antarktische Forschungsprogramm, die British Antarctic Survey, zuerst als Leiter von drei verschiedenen Stationen und später als ein Leiter im Bereich Feldforschungsarbeit. Heute ist er der Hauptplaner für alle Forschungsaktivitäten vor Ort.