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Wieder blutiger Angriff von innen

30. September 2012

Abermals haben einheimische Soldaten Angehörige der ISAF-Schutztruppe getötet. Ein Partnerschaftsprogramm zwischen beiden Seiten soll eigentlich die Sicherheitslage verbessern. Geht das überhaupt?

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Zwei ISAF-Soldaten (Foto: dapd)
Bild: dapd

Bei dem Gefecht in der östlichen Provinz Wardak seien auch ein ziviler Mitarbeiter der unter NATO-Kommando stehenden Afghanistan Schutztruppe (ISAF) und drei afghanische Soldaten getötet worden, teilten die NATO und die Polizei mit. Zudem seien drei Amerikaner und ein Afghane verletzt worden.

Streit schlug in Gewalt um

Nach Angaben aus US-Kreisen handelt es sich bei dem getöteten NATO-Soldaten um einen Amerikaner. Ein Sprecher der Provinzregierung sagte, ein Streit zwischen den Ausländern und den Afghanen bei einer gemeinsamen Operation am Samstagabend habe zu dem Feuergefecht geführt.

Die Zahl der so genannten "Insider-Angriffe" afghanischer Sicherheitskräfte auf ISAF-Soldaten hat in der letzten Zeit dramatisch zugenommen. Insgesamt 53 ISAF-Angehörige wurden seit Jahresbeginn getötet. Im vergangenen Jahr waren es 35.

Das Arbeit wird unterminiert

Der französische ISAF-Stabschef Olivier de Bavinchove sagte, durch diese Angriffe würde das Vertrauen in die Zusammenarbeit mit den Afghanen "unterminiert". Dadurch werde die Arbeit "besonders erschwert".

Bavinchove schätzt, dass rund ein Drittel dieser Attacken von den aufständischen Taliban geplant seien. Der Rest erkläre sich vor allem durch kulturelle Differenzen. Die Afghanen hätten sich daran gewöhnt, "Konflikte durch Gewalt zu lösen".

Wegen dieser Bedrohung hatte die Schutztruppe vor knapp zwei Wochen ihre Zusammenarbeit mit den afghanischen Sicherheitskräften vorübergehend eingeschränkt. Das sogenannte "Partnering", bei dem Afghanen und Ausländer beispielsweise gemeinsam auf Patrouille gehen, ist eines der Kernelemente für die Ausbildung der einheimischen Sicherheitskräfte. Sie sollen Ende 2014 die Verantwortung im ganzen Land übernehmen, wenn der Großteil der ausländischen Soldaten abgezogen ist.

BND zeichnet düsteres Bild

Doch so, wie es sich die Politiker vorstellen, wird es womöglich nicht kommen. Wie das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet, hält der Bundesnachrichtendienst (BND) die Lage am Hindukusch für viel gefährlicher als die Bundesregierung. Unter Berufung auf einen internen Bericht heißt es, der Geheimdienst halte den Einsatz von bis zu 35.000 ausländischen Soldaten auch nach dem offiziellen Abzug 2014 für notwendig.

Das wäre fast ein Drittel der ISAF-Stärke heute. Benötigt würden Ausbilder für die afghanischen Sicherheitskräfte, Kampftruppen zum Schutz der Ausbilder und Spezialkräfte zum Kampf gegen Terroristen. Auch das derzeitige Wiedereingliederungsprogramm für reumütige Taliban-Kämpfer habe "keine Auswirkungen" auf einen Friedensprozess.

Besonders hart, so der "Spiegel" weiter, gehe der BND-Bericht mit Präsident Hamid Karsai ins Gericht. "Korruptionsanfälligkeit, persönliche Vorteilsnahme Einzelner und Nepotismus werden sich fortsetzen", prognostiziert der als vertraulich eingestufte Bericht.

Ist Karsai verlässlich?

Weiter heißt es, Karsais Handeln sei nicht auf Reformen oder den versprochenen Kampf gegen die grassierende Korruption gerichtet, sondern auf den "Machterhalt" und die "Beibehaltung des Status quo". Karsai werde eher Zugeständnisse an die Militanten machen als Reformen voranzutreiben.

Bei der geplanten Präsidentenwahl 2014 wolle Karsai seinen älteren Bruder Abdul Kajum als Kandidaten durchsetzen. Der habe die besten Chancen, die wahlentscheidenden Stimmen der Paschtunen aus dem Süden des Landes zu bekommen. Mit diesem Schachzug, so die Einschätzung des BND, wolle Karsai "die Wahrung der familiären Interessen und den Machterhalt" absichern.

uh/kle (dpa,rtr,afp)