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Umstrittener Fahrplan für Machtübergabe

Daniel Scheschkewitz, Washington19. Januar 2004

Die Iraker wollen demokratische Wahlen - früher als es der US-Plan zur Machtübergabe vorsieht. Am Montag (19.1.) treffen sich US-Zivilverwalter Paul Bremer und Kofi Annan, um über die Rolle der UNO im Irak zu reden.

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Die Forderung im Irak nach sofortigen Direktwahlen wird lauterBild: AP

Vor Gesprächen von US-Zivilverwalter Paul Bremer und UNO-Generalsekretär Kofi Annan, in denen es um die Machtübergabe im Irak geht, haben in Bagdad am Montag (19.1.) erneut zehntausende Iraker für baldige und
direkte Wahlen demonstriert. Sie unterstützten damit die Forderung des einflussreichen schiitischen Geistlichen Ayatollah Ali el Sistani, der den US-Plan für eine Machtübergabe im Irak ablehnt. Die Schiiten fordern die direkte Wahl einer souveränen Regierung im Irak innerhalb von drei Monaten.

Der US-Plan

Die USA hatten im November 2003 mit Zustimmung des irakischen Übergangsrates einen Plan zur Machtübergabe gefasst. Danach soll im Juni 2004 die amerikanische Verwaltung einer Übergangsregierung übertragen werden, die bis Mai 2005 eine verfassungsgebende Versammlung einberufen und bis Ende 2005 allgemeine Wahlen abhalten soll. In dem US-Plan ist die Auswahl von Delegierten durch Regionalversammlungen vorgesehen - nicht aber die Direktwahl von Abgeordneten.

Technische Restriktionen

US-Regierungsvertreter und die Mehrheit des von den USA eingesetzten irakischen Regierungsrates halten eine Wahl im Irak vor 2005 unter anderem aus organisatorischen Gründen für unmöglich. Sie haben wiederholt versucht, Sistani von ihrem Plan einer Machtübertragung zu überzeugen.

Bremer in Bedrängnis
Paul Bremer, US-Zivilverwalter im IrakBild: AP

Großayatollah Sistani ist eine politische Macht-Instanz, an der die amerikanischen Besatzer nicht vorbei können. Das weiß auch Präsident Bushs Zivilverwalter Paul Bremer, der über Emissäre mit Sistani verhandeln soll. "Wir stimmen darin überein, dass die gewählte Übergangsversammlung die irakische Verfassung verabschieden soll. Das Problem ist technischer Natur. Gegenwärtig gibt es weder eine Wahl-Kommission noch ein Wahl-Gesetz und auch keine politischen Parteien. Es gibt keine Wahl-Listen, keine Wahl-Bezirke. All die Dinge, die man braucht, um eine gerechte Wahl im Irak durchführen zu können."

Rückkehr der UNO

Bremer traf am Freitag (16.1.) zu Gesprächen in Washington ein, um strittige Fragen der Machtübergabe zu erörtern. Die Schiiten im Irak wissen, dass sie bei Wahlen alle Wahrscheinlichkeit nach die Mehrheit davon tragen würden. Das bestimmt ihr politisches Kalkül. Hinsichtlich der Organisation von Wahlen verweisen sie auf die Kompetenz der UNO, die sich aus dem Irak jedoch wegen der Sicherheitslage weitgehend zurück gezogen hat.

Am Montag (19.1.) trifft sich UN-Generalsekretär Kofi Annan mit Bremer und einer Abordnung des irakischen Übergangsrates in New York. Dann wird es auch um eine Rückkehr der UNO und die Durchführung von Wahlen gehen. Laut Bremer würde die US-Regierung eine solche Rückkehr begrüßen. Anfang letzter Woche hieß es aus Regierungskreisen in Washington noch, der Zeitplan für eine Machtübergabe bis zum 30. Juni sei nicht verhandelbar.

Hintergrund: US-Präsidentschaftswahlen

Am Donnerstag (15.1.) klang das schon weniger definitiv, als US-Außenamtsprecher Richard Boucher sagte: "Das ist ein zentraler Bestandteil unserer Vereinbarung mit dem irakischen Übergangsrat vom 15. November. Wir tun alles, um diese Frist einzuhalten." Demonstrationen im Irak seien eine gute Sache sagte Boucher, dass sie anti-amerikanischen Natur sind, müsse man zur Kenntnis nehmen. Nicht jeder und alle könnten gleich zufrieden gestellt werden.

Oppositionspolitiker in Washington gehen davon aus, dass der Zeitplan für die Machtübergabe im Irak vor allem von einem Kalkül bestimmt wird: Den US-Präsidentschaftswahlen im November. Bis dahin will die Bush-Regierung die politische Verantwortung im Irak losgeworden sein und die Sicherheitslage soll unter Kontrolle sein.