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Spanischer Autor Rafael Chirbes ist tot

16. August 2015

Er galt als einer der wichtigsten Schriftsteller Spaniens und Kritiker seines Heimatlandes. Nun ist Rafael Chirbes mit 66 Jahren an Lungenkrebs gestorben.

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Autor Rafael Chirbes
Bild: picture-alliance/dpa/D. Reinhardt

"Sein Tod ist ein schwerer Schlag", sagte sein Verleger Jorge Herralde der Zeitung "El País". "Er war ein Mensch von einer außergewöhnlichen moralischen Integrität." Chirbes galt als einer der wichtigsten spanischen Autoren der Gegenwart und hatte mehrmals den spanischen Kritikerpreis erhalten. Mehrere seiner Werke wurden ins Deutsche übersetzt.

Nach jedem Roman fühle er sich so ausgezehrt, dass er sich nicht vorstellen könne, weiterzuschreiben, sagte Rafael Chirbes einmal. Trotzdem dauerte es meist nicht lange, bis er ein neues Projekt begann - in seiner Betrachtung der spanischen Gesellschaft meist noch kritischer. Spanien wird die Schonungslosigkeit von Rafael Chirbes fehlen. Auch in Interviews äußerte er sich kaum optimistisch. "Wir sehen uns tolle Ausstellungen an, aber wir bestimmen in unserer Gesellschaft nichts mehr", sagte er einmal bitter.

Literatur ohne Kompromisse

Chirbes' Literatur sei kompromisslos, nie habe er Kompromisse an den Zeitgeist gemacht, schrieb sein Schriftstellerkollege Antonio Muñoz Molina nach dem Bekanntwerden des Todes in der Zeitung "El País". Während andere Schriftsteller in den 80ern auf der Suche nach literarischen Moden ihre Stimme verfälscht hätten, habe Chirbes stets dieselben Überzeugungen vertreten, so Muñoz Molina. Die in seinen Romanen geschilderte Enttäuschung über die Demokratisierung Spaniens sei lange Zeit als rückwärtsgewandt bewertet worden.

Buchcover: Chirbes - Alte Freunde

In Deutschland hatte Chirbes lange Zeit mehr Erfolg bei Lesern und Kritikern als in seiner Heimat. Er setzte sich in der Triologie "Der lange Marsch", "Der Fall von Madrid" und "Alte Freunde" gesellschaftskritisch mit der Franco-Diktatur (1939-1975) und der Demokratisierung Spaniens auseinander. Nachdem er 1999 den Preis der SWR-Bestenliste erhalten hatte, fand seine Trilogie viele deutsche Leser.

In Spanien kam der kommerzielle Erfolg erst mit "Krematorium", einem Roman über den ethischen Werteverfall Spaniens durch die Immobilienspekulation. Auch sein letzter Roman, "Am Ufer", ein Blick auf eine moralische Wüste, die die Boomjahre zwischen 1999 und 2007 in Spanien zurückgelassen haben, wurde ebenfalls in seiner Heimat erfolgreich.

Den Lesern hat Chirbes noch ein weiteres Werk hinterlassen: Sein neuer Roman, "Paris-Austerlitz", wurde kurz vor seinem Tod fertig. Er soll nach Angaben seines Verlags in Spanien in Kürze erscheinen.

ab/wl (dpa/epd)