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Saddam (noch) nicht vergessen

13. Dezember 2004

Mit einem Anschlag hat in Bagdad der erste Jahrestag der Verhaftung Saddam Husseins begonnen. Ein Selbstmord-Attentäter tötete sieben Menschen. Dabei hat Terror wie dieser Saddam in Vergessenheit geraten lassen.

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Wie wichtig ist Saddam heute noch im Irak?Bild: AP
Attentat in Bagdad, Präsident des irakischen Regierungsrates, Isseddin Salim, getötet
Fast täglich: Explosionen in BagdadBild: AP

Am Montagmorgen (13.12.2004) ist eine Autobombe in der Nähe eines Eingangs zur so genannten Grünen Zone explodiert. Die Toten und über 15 weitere Verletzte sind nach Angaben irakischer Ärzte überwiegend Angehörige der irakischen Nationalgarde. In dem besonders gesicherten Gebiet liegt das irakische Regierungsviertel. Außerdem befindet sich dort das Hauptquartier der US-Armee. Sowohl die Übergangsregierung um Ministerpräsident Allawi als auch die Besatzer sind potenzielle Anschlagsziele für die verbliebenen Anhänger Saddams.

Warten auf das Tribunal

Während in seinem Land fast täglich Anschläge verübt werden, sitzt Hussein an einem geheimen Ort bewacht von US-Soldaten. Die Amerikaner hatten ihn zwar schon im Juni 2004 an die irakische Justiz überstellt, doch dies war mehr eine symbolische Geste. Anlässlich der Machtübergabe an die Übergangsregierung sollte dem Allawi-Kabinett Souveränität verliehen werden. Wie begrenzt diese ist, lässt sich an den Diskussionen über den Prozesstermin ablesen.

Nachdem Saddam an die irakische Justiz überstellt wurde und Anfang Juli das erste Mal vor Gericht erschien, hatten irakische Regierungsvertreter den Prozessbeginn für Oktober angekündigt. Sie formierten ein Sondertribunal, dessen Besetzung bis jetzt aber Probleme bereitet. So wurde der Pentagon-Schützling Ahmed Tschalabi erst zum Vorsitzenden des Tribunals ernannt und wenig später selbst wegen Mordes angeklagt. Inzwischen hat Allawi dem Wunsch der Amerikaner nachgegeben und den Auftakt verschoben: Der Prozess wird erst nach den Wahlen vom 30. Januar beginnen.

Neuer Schrecken, neue Protagonisten

Saddam ist in sieben Punkten wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Dem Diktator droht wegen seiner 30 Jahre dauernden Schreckensherrschaft die Todesstrafe. Und doch beginnen viele Menschen im Irak ihn zu vergessen. Einerseits begleiten Autobomben, Entführungen und Besatzer den Alltag der Menschen, andererseits bestimmen neue Protagonisten das Geschehen im Irak.

Wirksame Demütigung

Saddam Hussein mit Vollbart
Saddam vor einem Jahr, nach seiner FestnahmeBild: AP

Beobachter sehen einen weiteren Grund für den Bedeutungsverlust Saddam Husseins in den Umständen seiner Verhaftung. Am 13.12.2003 zogen ihn amerikanische Soldaten aus einem Erdloch nahe seiner Heimatstadt Tikrit. Die Bilder einer ärztlichen Untersuchung des bärtigen Saddams gingen kurz danach um die Welt und verfehlten auch im Irak selbst nicht ihre Wirkung.

Hatten vorher noch viele Iraker eine Rückkehr Husseins an die Macht befürchtet, so bereitete er seit seiner Verhaftung kaum noch jemandem Sorgen. "Heute fällt sein Name dagegen nicht einmal mehr bei den Diskussionen der politischen Gruppen, die gegen die Übergangsregierung und die amerikanische Besatzung kämpfen", berichtet ein Beobachter in Bagdad.

Zuletzt versuchte Saddam sich über seine Anwälte selbst wieder in Erinnerung zu rufen. Er sei zusammen mit elf Mithäftlingen in Hungerstreik getreten, sagte ein Sprecher der Anwälte am Sonntag (12.12.2004). Dem widersprechen Saddams us-amerikanische Aufseher. Er habe alle Mahlzeiten gegessen, leide allerdings unter Depressionen. Saddam spielt laut amerikanischen Aussagen häufig Poker gegen seine Mithäftlinge. (bde)