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Ostkongo im Übergang

Reinhold Meyer 1. September 2003

Der Kongo-Einsatz der EU in der Bürgerkriegs-Provinz Ituri geht zu Ende. Alle Soldaten ziehen jedoch noch nicht ab. Denn den nun folgenden UN-Truppen droht Überforderung.

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Französiche Soldaten sollen länger bleibenBild: AP

Die multinationale Eingreiftruppe der EU im Nordosten Kongos hat am Sonntag (31.8.2003) ihren letzten Kontrollpunkt an nachrückende Einheiten der UN übergeben. Das Mandat der von Frankreich geführten EU-Truppe war von Beginn an nur für eine Übergangszeit vorgesehen und läuft am 1.September 2003 ab. Die neue UN-Mission ist mit einem stärkeren Mandat ausgestattet als die seit 1999 im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo stationierte UN-Friedensmission MONUC. In dem Bürgerkrieg zwischen Milizen der Volksgruppen Hema und Lendu sind seit 1999 rund 50.000 Menschen getötet worden.

Teilweise Verlängerung

Ganz reibungslos funktioniert die Wachablösung zwischen der EU-Eingreiftruppe und der Friedensmission 'MONUC 2' der Vereinten Nationen allerdings nicht. Die erste eigenständige, von der NATO unabhängige Militäraktion der Europäischen Union außerhalb des alten Kontinents sollte auf keinen Fall länger als bis zum 1. September 2003

dauern. Bis dahin sollte eine beträchtlich verstärkte UN-Präsenz geschaffen werden. Auf Bitten des UN-Sicherheitsrates werden nun aber rund 450 französische Soldaten doch noch bis Mitte September in Bunia bleiben.

Französische Soldaten sichern Bunia
French soldiers position themselves outside the UN compound, Saturday, June 7. 2003 in Bunia, Congo. Hundreds of Lendu fighters using assault rifles, heavy machine guns and rocket-propelled grenades launched dawn raids on positions held by the Union of Congolese Patriots, or UPC, a Hema faction that currently controls Bunia.(AP Photo/Karel Prinsloo)Bild: AP

Für die französische Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie ist der europäische Einsatz in der ostkongolesischen Stadt Bunia erfolgreich. Ihre Bilanz lautet: "Die Mission ist erfüllt“. Die Verlängerung des Mandats der EU-Eingreiftruppe durch den Weltsicherheitsrat in der Konfliktregion Nordostkongo zeigt aber, dass die Realität vor Ort dem Optimismus der französischen Ministerin nicht entspricht.

Erinnerungen an Ruanda

Unter den Augen untätiger UN-Soldaten hatte sich die Lage in der Provinz Ituri seit Mai 2003 immer mehr zugespitzt. Die ethnischen Konflikte führten zu Massakern, die Erinnerungen an den Völkermord in Ruanda 1994 heraufbeschworen. Schließlich forderte UN-Generalsekretär Kofi Annan, eine internationale Eingreiftruppe außerhalb der bestehenden UN-Blauhelmmission aufzustellen. Am 30. Mai stimmte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen der Entsendung einer von der EU kontrollierten und unter dem Kommando Frankreichs stehenden Truppe. Die so genannte "Operation Artemis" begann formal am 12. Juni 2003. Ausgestattet mit einem "robusten" Mandat (das auch den Einsatz von Waffengewalt erlaubt) des UN-Sicherheitsrates sollte sie den Flughafen Bunias absichern und die Zivilbevölkerung schützen.

Kampf um Bodenschätze

Karte Kongo mit Bunia Deutsch
Democratic Republic of the Congo map, with Bunia locator, partial graphicBild: APTN

Den französischen Truppen ist es zwar gelungen, durch ein striktes Waffenverbot wenigstens in der Stadt Bunia die Sicherheit zu gewährleisten. Doch hat sich an der grundsätzlichen Konfliktsituation nichts geändert. Bei den Kämpfen in der Region geht es vordergründig um einen alten inter-ethnischen Streit um Landrechte. Doch wie auch bei anderen afrikanischen Konflikten handelt es sich in Wahrheit um den Kampf um die Kontrolle von Bodenschätzen. In der Ituri-Region sind dies Diamanten, Geld, Edelhölzer, Kaffee und Erdöl. Diese Schätze und regionalstrategische Interessen hatten bereits 1998 die Anrainerländer Ruanda und Uganda angelockt. Die beiden Nachbarn stellen seitdem Waffen und militärische Ausbildungslager zur Verfügung, schließen stetig wechselnde Allianzen, wiegeln Rivalen gegeneinander auf und lassen Milizen Stellvertreterkonflikte austragen.

Lage nicht verbessert

An dieser Interessenkonstellation und der daraus resultierenden Einflussnahme hat sich auch nach dem offiziellen Abzug von ruandischen und ugandischen Truppen nichts geändert. Die auf das Stadtgebiet von Bunia begrenzte Intervention hat nicht verhindern können, dass sich das Morden nur von der Stadt in deren Umgebung verlagert hat. Die seit 1999 im Kongo stationierte UN-Friedenstruppe MONUC steht zukünftig vor der schwierigen Aufgabe, die gesamte Region Ituri zu kontrollieren. Dazu soll sie aufgestockt werden und ein robustes Mandat erhalten. Bislang sind jedoch nur 4000 Soldaten aus Bangladesh, Nepal und Pakistan dafür vorgesehen, die Provinz mit ca. 4,5 Millionen Bewohnern zu kontrollieren.