1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mit dem Krieg im Nacken

reh16. Januar 2003

Sie haben gesucht – und nichts gefunden. Deshalb werden die UN-Waffeninspektoren im Irak von den USA unter Druck gesetzt. Doch der Chef der Mission, Hans Blix, legt Wert auf Unabhängigkeit von der Politik.

https://p.dw.com/p/3Aov
Die USA wollen Waffen sehenBild: AP

Bis Ende Januar haben sie noch Zeit. Dann sollen die Waffeninspektoren dem UN-Sicherheitsrat berichten, ob der Irak Massenvernichtungswaffen besitzt. Hunderte von Anlagen haben die Experten bereits inspiziert – am Mittwoch (15.1.2003) zum Beispiel eine Palastanlage des irakischen Diktators Saddam Hussein, sprich Wohnhäuser und eine Behörde zur Versorgung von Kriegsveteranen. Außerdem durchforsteten sie sieben Bauernhöfe im Umland von Bagdad sowie einen Stützpunkt der iranischen Oppositionsgruppe "Mudschaheddin Chalk".

Tags zuvor hatten die Inspektoren sieben Anlagen kontrolliert, darunter mehrere Rüstungsfabriken. Sogar die Organisation, die im Land die Zusammenarbeit zwischen UN und Irak koordiniert, wurde vor einiger Zeit durchsucht. Einen endgültigen Beweis für Massenvernichtungswaffen fanden die Inspektoren nirgends.

Waffenschmuggel aufgeflogen

Eines stehe aber fest, erklärte der Chef der Inspektoren, Hans Blix, im Interview mit der BBC: "Wir haben verschiedene Fälle entdeckt, in denen klar ist, dass der Irak waffenbezogenes Material entgegen dem Verbot des Sicherheitsrates importiert hat." Und es handele sich um "beträchtliche Mengen". Bis ins Jahr 2002 hätten diese illegalen Importe stattgefunden, sagte Blix‘ Sprecher Ewan Buchanan. Der Sicherheitsrat sei bereits im Zwischenbericht am 9. Januar darüber informiert worden.

Ob das Schmuggelgut – es geht um Antriebsmotoren für Raketen - jedoch wirklich für Massenvernichtungswaffen taugt, ist noch unklar. Außerdem dürfte der Irak Kurzstreckenraketen daraus bauen, nur Mittel- und Langstreckenraketen sind verboten.

Bush will keine Spielchen mehr

Die USA sind dagegen überzeugt, dass Iraks Diktator Saddam Hussein etwas zu verbergen hat – und sie wollen es schnell wissen. Die Sicherheitsberaterin von US-Präsident Bush, Condoleezza Rice, forderte Chefinspekteur Blix auf, irakische Wissenschaftler zur Ausreise zu bewegen, berichtet die "Washington Post". Blix hatte dies bisher abgelehnt. Die USA hoffen, dass sie von irakischen Wissenschaftlern Informationen über das Waffenarsenal Bagdads bekommen.

George W. Bush macht auch Druck auf die Führung des Irak. Mit Blick auf Saddam Hussein erklärte der Präsident, er habe "von Spielchen und Täuschungen die Nase voll". Hussein bleibe nicht mehr viel Zeit. Bundeskanzler Gerhard Schröder forderte dagegen, die Mission so weit zu verlängern wie es nötig sei.

Großer Druck, kleine Information

Die amerikanische Ungeduld spürt Hans Blix schon im Nacken. Deshalb will er das Angebot des britischen und des amerikanischen Geheimdienstes nutzen, den Inspektoren demnächst Informationen zur Verfügung zu stellen. Eigentlich hätten die Agenten schon längst konkrete Hinweise auf Inspektions-Ziele liefern sollen. Warum sie das erst allmählich in die Tat umsetzen, dazu sagte Blix nichts. Er habe zuerst manchmal das Gefühl gehabt, die Geheimdienste seien "ein bisschen wie Bibliothekare, die bestimme Bücher nicht an Kunden verleihen wollten". Mittlerweile tröpfelten zwar die Informationen, so Blix zur BBC – doch er sei sich nicht sicher, ob ihm genügend Zeit gegeben werde, seine Arbeit zu beenden.

Den internationalen Druck wird Blix auch in Brüssel zur Sprache bringen - dort diskutiert er am Donnerstag (16. Januar 2003) mit dem EU-Kommissar für Außenbeziehungen, Chris Patten, über den Irak-Konflikt. Auch mit dem hohen EU-Repräsentanten Javier Solana ist ein Treffen geplant. Wahrscheinlich bekommt Blix hier noch einmal Rückendeckung.