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Marathon für Klassik-Fans

Klaudia Prevezanos / Ingun Arnold26. Juli 2003

Avignon, Aix-en-Provence, Bayreuth, Salzburg: Klingende Namen in den Ohren der Klassik-Fans. Doch 2003 ist manches anders als sonst. Allein Salzburg und Bayreuth garantieren noch relative Beständigkeit.

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W. A. Mozart: "Don Giovanni" (Salzburg, 2003)Bild: Presse

Die beruhigende Nachricht zuerst: Die Veranstaltungen in Bayreuth und Salzburg finden statt. Im Gegensatz zu den französischen Kulturfestivals: Das weltgrößte Theaterfestival in Avignon und das renommierte Opernfestival von Aix-en-Provence wurden abgesagt.

Wegen eines Streits um Kürzungen bei den Sozialleistungen für die landesweit gut 100.000 Bühnentechniker, Beleuchter, Kameramänner, Schauspieler und Sänger wird der französische Kulturbetrieb bestreikt. Während die Franzosen um Fassung ringen, freuen sich die renommiertesten deutschsprachigen Festivalbühnen in Bayreuth und Salzburg auf gewohnt regen Zulauf.

Bayreuth: Raum für Experimente?

Die Wagner-Festspiele in Bayreuth sind "Kult": Zumindest kann jeder, der schon einmal eine Karte ergattert hat, von sich behaupten, er oder sie "gehöre dazu". Denn die Nabelschau des Wagner-Clans ist jedes Jahr vielfach überbucht – Wartezeiten von zehn Jahren und mehr auf eine Eintrittskarte sind keine Seltenheit. Auch der Name des Bestellers ist nicht unwichtig. Die Bewerbungs-, pardon, Bestellunterlagen, kommen ganz altmodisch per Post. Danach geht alles sehr langsam ... Dass das Uraltfestival mit Gründungsjahr 1872 trotzdem nicht einrostet, dafür sorgen die Wagner-Nachkommen. Offenen Familienzwist – vom internationalen Feuilleton begierig aufgegriffen – inklusive.

Auch künstlerisch tut sich etwas auf dem "Grünen Hügel". Zunächst zog sich der 84-jährige Wagner-Enkel Wolfgang im vergangenen Jahr als Regisseur zurück. Das Premierenstück 2003, "Der fliegende Holländer", wird vom 39-jährigen Nachwuchsregisseur Claus Guth auf die Bühne gebracht. Für das folgende Jahr wurde das "Enfant terrible" der Kulturszene, Christoph Schlingensief, für die Inszenierung des "Parsifal" verpflichtet. 2006 soll sich Lars von Trier – der damit kokettiert, von Oper überhaupt gar keine Ahnung zu haben – am "Ring des Nibelungen" versuchen. Krachen wird es in Bayreuth, orakeln die Fachjournalisten. Den Wagners wird’s recht sein. Denn andernorts hat es bereits gekracht.

Salzburg: Sorgsam austariert

Skandale können die "Salzburger Festspiele" erwiesenermaßen sehr gut aushalten. "Die Fledermaus" in der Regie von Hans Neuenfels 2001 sorgte für derartigen Aufruhr, dass es sogar eine Klage auf Rückerstattung des Kartenpreises gab, aber die künstlerische Freiheit erwies sich als stärker. "Da ist meine Toleranz sehr groß", sagt Präsidentin Helga Rabl-Stadler, "höher, als das so mancher Festspielgast möchte." Der durchschnittliche Festspielgast scheint die Experimente auch nicht krumm zu nehmen: 2002 waren die Plätze in den Veranstaltungshallen an der Salzach zu mehr als 90 Prozent ausgebucht. Mehr als 230.000 Besucher sahen die 166 Vorstellungen des Theater-, Musik- und Opernmarathons. Geht es um die Schmankerln, dann haben nur Frühbucher eine realistische Chance auf eine Eintrittskarte. Und das trotz der weltweit höchsten Kartenpreise.

Außerdem setzt Salzburg von jeher auf die künstlerische Crème de la Créme. Traditionell beginnt das Festival mit der Aufführung von Hugo von Hofmannsthals "Jedermann". Salzburg – das geht außerdem auch nicht ohne Wolfgang Amadeus Mozart. Das Edelfestival lockt zudem die großen Namen an. 2003 sind darunter die Dirigenten Kent Nagano und Sir Simon Rattle, der Komponist Karlheinz Stockhausen, sowie die Sänger Cecilia Bartoli und Placido Domingo. Außerdem wird Donna Leon, eine der beliebtesten Krimiautorinnen, ein "musikalisches Überraschungsprogramm" anbieten. Für Nachwuchsbesucher gibt es ein Sonderprogramm. Denn: Auch, wenn sich das Salzburger Festival in den vergangen Jahren schon deutlich verjüngt hat, liegt das Durchschnittsalter der Besucher immer noch bei 57 Jahren.