Buchmarkt konzentriert
15. Oktober 2008Mehr als 4000 Buchhandlungen sind Mitglied im Branchenverband, dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Das sind, im Vergleich zur Einwohnerzahl, mehr Buchhandlungen als in jedem anderen Land der Welt. Aber auch in Deutschland schreitet die Konzentration sehr schnell fort: Besonders die beiden Branchenriesen "Hugendubel/Weltbild" und "Thalia", eine Tochter des Einzelhandelskonzerns Douglas, machen hier rasche Fortschritte.
Insgesamt liegt der Umsatz mit Büchern in Deutschland bei 9,5 Milliarden Euro pro Jahr: Auf "Hugendubel/Weltbild" und "Thalia", entfallen davon beinahe 15 Prozent. Das klingt noch nicht besorgniserregend.
Übernahmen im Wochentakt
Aber: Bücher werden über verschiedene Kanäle verkauft. Nimmt man nur den Absatz der traditionellen Buchhandlungen, dann beträgt der Anteil der beiden Großen schon mehr als ein Viertel. Und beide sind eifrig bemüht, diesen Anteil weiter zu steigern: So hat "Hugendubel/Weltbild" vor kurzem die Buchabteilungen in allen Warenhäusern der Karstadt-Kette übernommen. Und Thalia eröffnet neue Filialen oder übernimmt alteingesessene Buchhandlungen beinahe im Wochentakt.
Im Gefolge dieser beiden Riesen segeln aber auch die Wettbewerber munter voran: Die zehn größten Buchhandelsunternehmen in Deutschland steuern mittlerweile auf einen Buchhandelsanteil von 40 Prozent zu. Das hat Auswirkungen: Zum einen auf die kleineren Buchhandlungen, zum anderen auf die Verlage.
Höchstrabatte herausschlagen
Zwar existiert in Deutschland ein Preisbindungsgesetz, das es den Buchhandlungen verbietet, Bücher mit Rabatt zu verkaufen. Doch beim Einkauf verlangen und erhalten die Großen Sonderkonditionen von den Verlagen, zum Nachteil der kleineren Wettbewerber. Viele kleinere Buchhändler klagen darüber, dass die großen Marketingbudgets und die günstigen Einkaufsbedingungen der Großen ihnen die Kunden vertreiben. Einige von ihnen haben sich mittlerweile zu Einkaufsgemeinschaften zusammengeschlossen – auf diese Weise will man wenigstens die Höchstrabatte herausschlagen, die die Verlage ansonsten nur den Großen gewähren.
Für die Verlage entsteht ein anderes Problem: Sie haben Mühe, ihre Bücher bei den großen Filialketten unterzubringen. Warum? Die Buchhandelsriesen sind dazu übergegangen, ihre Verlagskunden in Kategorien zu unterteilen: A-Kunden stehen für die größten Umsätze – Bestsellerverlage aus Konzernen wie Random House, Holtzbrinck oder der Bonnier-Gruppe gehören dazu. Sie bekommen für ihre Neuerscheinungen gute Platzierungen im Schaufenster, ihre Vertreter werden von den Filialleitern empfangen – und sie bedanken sich dafür durch großzügige Marketingzuschüsse an die Buchhandelsketten oder durch Platzierung von Anzeigen in Kundenmagazinen.
Die B-Kunden, das sind ernstzunehmende, große Verlage wie Eichborn oder Campus, dürfen immerhin ihre Programm-Prospekte schicken, ihre Vertreter aber sind in den Filialen unerwünscht. C-Kunden, das sind vor allem kleine und unabhängige Verlage, dürfen nicht einmal Prospekte schicken, ihre Bücher gelangen, wenn überhaupt, über Buchgroßhändler in die Filialen.
100.000 Titel
Was bedeutet das für die Leser? Bei den großen Buchhändlern finden die Kunden heute ein Sortiment, das sich vor allem orientiert am Erfolg versprechenden Massengeschmack.
Die Auswahl an Büchern wird immer dünner, obwohl 2007 in Deutschland fast 100.000 Titel produziert wurden. Das meiste davon landet nie beim Leser. Die Verlage hoffen, mit irgendeinem der vielen Titel irgendwie einen Treffer zu landen: Ein Taschenbuch, das nicht innerhalb eines Monats die erwarteten Verkaufszahlen liefert, wird gnadenlos aus den Regalen geworfen.