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Hitzige Debatte im Parlament - Wut und Frust beim Volk

12. Februar 2012

Beschimpfungen und hitzige Diskussionen - so verläuft die entscheidende Aussprache über das umstrittene Sparpaket im griechischen Parlament. In Athen protestieren 100.000 aufgebrachte Menschen gegen weitere Kürzungen.

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Tumulte im griechischen Parlament (Foto: epa)
Griechenland Parlament Abstimmung SparpaketBild: picture-alliance/dpa

Parlamentspräsident Filippos Petsalnikos musste mehrfach einschreiten, damit die Störungen im Parlament nicht in Tumulte ausarteten. Ein kommunistischer Abgeordneter warf einen Aktenordner in Richtung Finanzminister Evangelos Venizelos. Damit die Sitzung in Athen überhaupt beginnen konnte, mussten erst noch drei neue Abgeordnete vereidigt werden, da am Samstag drei Parlamentarier aus Protest gegen das harte Sparkonzept zurückgetreten waren.

Proteste und Krawalle in Athen

Vor dem Parlamentsgebäude demonstrierten am Sonntagabend tausende aufgebrachte Griechen gegen weitere Finanzeinschnitte. Auch in anderen Vierteln Athens gab es Protestkundgebungen. Insgesamt gingen mehr als 100.000 Menschen auf die Straße. Demonstranten lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei. Geschäfte und ein Bankgebäude wurden in Brand gesetzt. Die Polizei setzte Tränengas gegen vermummte Randalierer ein, die Steine und selbstgebastelte Sprengsätze in Richtung Sicherheitskräfte schleuderten. 80 Menschen wurden verletzt, darunter 30 Polizisten. "2020 werden wir zu Sklaven der Deutschen geworden sein", wetterte ein Demonstrationsteilnehmer mit Hinweis auf die zentrale Rolle der Bundesregierung bei den EU-Forderungen zur Sanierung des griechischen Haushalts.

Regierungschef Lukas Papademos hatte die Abgeordneten am Samstagabend nochmals eindringlich ermahnt, seinen Kurs zu unterstützen. "Wir sind nur einen Atemzug vom Ground Zero entfernt", betonte er in einer vom Fernsehen übertragen Rede.

Griechen protestieren gegen Sparpaket

Seine Landsleute rief Papademos zu weiterem Verzicht auf. Das Spar- und Reformprogramm beinhalte Regelungen, die die Griechen "viel früher hätten selbst treffen müssen". Zugleich räumte er ein, die Maßnahmen seien sehr hart und bedeuteten "schmerzhafte Opfergaben für die Griechen". Die Einschnitte sehen unter anderem kräftige Lohnkürzungen auf dem Privatsektor und die Entlassung von 150.000 Staatsbediensteten bis 2015 vor.

Eigentlich eine komfortable Mehrheit

Die Sozialisten der PASOK und die Konservativen der Nea Dimokratia, die die Regierung des parteilosen Papademos unterstützen, verfügen im Parlament über eine komfortable Mehrheit von 236 der 300 Abgeordneten. Bislang drohten rund 20 Abgeordnete der beiden großen Parteien mit Ablehnung. Die kleine rechtspopulistische Laos-Partei hat der Regierung bereits ihre Unterstützung aufgekündigt. Bei mehr als 80 Abweichlern käme das Gesetz nicht durch. Die entscheidende Abstimmung soll in der Nacht zum Montag stattfinden.

Die Zustimmung des Parlaments ist Voraussetzung für ein zweites internationales Rettungspaket von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) im Umfang von 130 Milliarden Euro. Sollten die Gelder nicht rechtzeitig fließen, ist Griechenland bis Ende März pleite. Es hängt bereits seit 2010 am internationalen Finanztropf, kommt aber mit den damals zugesagten Hilfen nicht aus.

Bundesregierung: Reformen jetzt

Auch aus Deutschland kamen nochmals strenge Ermahnungen. Finanzminister Wolfgang Schäuble rief Griechenland auf, endlich seine Hausaufgaben zu machen. Das Land dürfe nicht länger ein Fass ohne Boden sein, sagte Schäuble der "Welt am Sonntag":

Außenminister Guido Westerwelle sagte dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", es sei das "klare Ziel", Griechenland in der Eurozone zu halten. Dafür reiche es aber nicht Reformprogramme zu beschließen, sondern es sei notwendig, dass die Umsetzung der Reformen unverzüglich begonnen werde. "Nicht irgendwann, sondern jetzt".

se/sti (dpa, rtr, afp, dapd)