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Fernziel Unabhängigkeit – Porträt des neuen Ministerpräsidenten Bajram Kosumi

24. März 2005

Das von der UN verwaltete Kosovo hat einen neuen Regierungschef: Bajram Kosumi. Lange stand er im Schatten seines Vorgängers Ramush Haradinaj. Jetzt will Kosumi als Ministerpräsident Kosovo in die Unabhängigkeit führen.

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Kosumi legt den Amtseid abBild: dpa

Eines verbindet den bisherigen Umweltminister und designierten Ministerpräsidenten Bajram Kosumi und seinen Vorgänger Ramush Haradinaj: Beide haben sich stets für ein unabhängiges Kosovo eingesetzt. Doch während Haradinaj während des Kosovo-Krieges Kommandeur der bewaffneten Untergrund-Organisation UCK war, hat Kosumi sich nicht an den Kämpfen beteiligt.

Vom Studentenführer zum Ministerpräsidenten

Der 1960 geborene Kosumi hat ausschließlich mit friedlichen Mitteln Widerstand geleistet: Wegen seiner Teilnahme an Studentendemonstrationen im Jahre 1981, die die Unabhängigkeit für Kosovo forderten, wurde er zu einer Gefängnis-Strafe verurteilt - zehn Jahre. Nachdem er sein Philosophie-Studium in Pristina beendet hatte, arbeitete er einige Zeit als Journalist. 1994 wurde er Vorsitzender der Parlamentarischen Partei, eine der ersten albanischen Parteien, die im Kosovo gegründet wurden.

Kosumi ist überzeugt, dass er genug politische Erfahrung gesammelt habe, um Ministerpräsident zu sein. "Offen gesagt: Auf die Politik habe ich mich 26 Jahre lang vorbereitet. Das heißt, seit 26 Jahren bin ich politisch aktiv mit dem Ziel: Freiheit und Eigenstaatlichkeit für Kosovo. Ich glaube, dass ich fähig bin, diesen Prozess zu Ende zu führen", sagte Kosumi der Deutschen Welle.

Ein Parteifreund von Haradinaj

Im Jahr 1999 gehörte Kosumi der kosovarischen Delegation an, die im französischen Rambouillet mit Vertretern Serbiens und der internationalen Gemeinschaft vergeblich über Auswege aus der Krise verhandelte. Zu dieser Zeit war er Informationsminister in der international nicht anerkannten Regierung von Hashim Thaci. Während des Krieges hielt er sich die ganze Zeit im Kosovo auf, war aber nicht aktiv an Kämpfen gegen serbische Armee- und Polizei-Kräfte beteiligt.

Nach Kriegs-Ende im Jahre 2000 gründete Kosumi gemeinsam mit Haradinaj die "Allianz für die Zukunft Kosovos" und wurde stellvertretender Vorsitzender der Partei. Dort stand er immer im Schatten Haradinajs. Im Dezember letzten Jahres übernahm der vierfache Vater das Umweltministerium.

Unterstützung von Kosovo-Präsident Rugova

Als das Haager Kriegsverbrecher-Tribunal die Anklage gegen Haradinaj öffentlich gemacht hatte, trat der Anfang März vom Amt des Ministerpräsidenten zurück. Kosumi wurde als Nachfolger vorgeschlagen, was auch Präsident Ibrahim Rugova akzeptierte: "Nach vielen Konsultationen mit allen Partei-Ebenen, habe ich entschieden, Herrn Bajram Kosumi als neuen Ministerpräsidenten zu nominieren. Diesen Vorschlag werde ich an das Parlament weitergeben, und ich hoffe, dass Kosumi zum neuen Ministerpräsidenten gewählt wird."

Standards, Wirtschaft und Unabhängigkeit

Vor der Parlaments-Entscheidung am Mittwoch (23.3.) skizzierte Kosumi drei Prioritäten für seine Amtszeit. "Das Erste sind die Standards, für die wir alle Kräfte mobilisieren werden, um sie zu erfüllen. Das Zweite ist die Wirtschaftslage, weil es für unsere ökonomische Entwicklung und neue Investitionen absolut wichtig ist. Die Erfüllung der Standards und eine bessere wirtschaftliche Lage sind Vorbedingungen für die dritte und wichtigste Priorität: die Unabhängigkeit des Kosovo."

Recht auf Rückkehr

Der neue Ministerpräsident ist bereit, mit der serbische Seite über alle Probleme und gemeinsamen Interessen zu diskutieren, nicht aber über die Zukunft des Kosovo. Hier ist seiner Meinung nach nicht Serbien gefragt, sondern die Bevölkerung des Kosovo und die internationale Gemeinschaft.

Zufrieden äußert sich Kosumi über die Zusammenarbeit mit den internationalen Vertretern im Kosovo - UNMIK und KFOR. Zudem will er mit dem ICTY kooperieren. Großen Wert legt Kosumi auch auf die Rückkehr aller Flüchtlinge: "Ich habe kein politisches Dilemma: Alle Flüchtlinge haben das absolute Recht zurückzukehren. Ich werde persönlich alles daran setzen, dass die Serben im Kosovo gleichberechtigt sind und dass sie gemeinsam mit uns für ein besseres Kosovo arbeiten können. Wir können aber niemand zwingen zurückzukehren. Sie müssen allein entscheiden, ob sie in einem demokratischen Kosovo leben möchten oder die Empfehlungen aus Belgrad befolgen wollen, wo man darauf beharrt, dass Kosovo Teil Serbiens ist."

Bahri Cani
DW-RADIO/Albanisch, 23.3.2005, Fokus Ost-Südost