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Eine Frage der politischen Kultur

Heinz Dylong12. März 2002

Der Skandal sorgt seit Tagen für Schlagzeilen: In der Kölner SPD sind schwarze Konten und falsche Spendenbelege aufgetaucht. Die Kölner Spendenaffäre fordert grundsätzliche Antworten. Ein Kommentar von Heinz Dylong.

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Die Kölner SPD hat gründliche Aufklärung versprochen. Die Öffentlichkeit soll erfahren, wer denn jene halbe Million Mark gespendet hat, die der inzwischen aus der Partei ausgetretene SPD-Lokalpolitiker Norbert Rüther eingenommen hat. Rüther, ehemals Vorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion, teilte die Summe auf, gab fingierte Spendenquittungen an Parteimitglieder aus, umging so die ab 20.000 Mark geltende Pflicht zur Veröffentlichung des Spendernamens und ermöglichte den vermeintlichen Spendern, ihre vermeintlichen Spenden von der Steuer abzusetzen. Hier gibt es tatsächlich Aufklärungsbedarf - genauso bei der Frage, ob besagte Großspende in irgendeinem Zusammenhang mit dem Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage stand.

Es riecht nach Korruption in der Domstadt Köln. Und auch wenn sich die Affäre letztlich als das herausstellen sollte, was sie bislang zu sein scheint, nämlich als Machenschaft lokaler SPD-Größen - es stellen sich Fragen, die weit über Stadt- und Parteigrenzen hinausreichen.

Politik und Politiker stehen in der breiten Öffentlichkeit unter einer Art Generalverdacht. "Politik ist ein schmutziges Geschäft", "Politiker sind nur auf den eigenen Vorteil bedacht" - mit Sprüchen dieses Niveaus zieht man jeden Stammtisch auf seine Seite. Und so platt derartige Aussagen auch sind, es sind Politiker selbst, die ihnen immer wieder Nahrung geben. Ende der 70-er, Anfang der 80-er Jahre sorgte etwa die "Flick-Affäre" für Aufsehen. Auch dies war ein Parteispendenskandal, der immerhin einem damals amtierenden FDP-Bundesminister das Amt kostete. Und vor kaum mehr als zwei Jahren wurde die Spendenaffäre Helmut Kohls und der CDU aufgedeckt. Der Ex-Bundeskanzler hat sich wider Verfassung und Parteiengesetz bis heute noch nicht dazu bequemt, die Namen seiner Großspender zu nennen.

Und auf der kommunalen Ebene, insbesondere in den deutschen Großstädten, sind nach Ansicht von Beobachtern bei Großprojekten Korruption und Vorteilsnahme nicht ungewöhnlich. Ein trauriges Bild, das der gründlichen Aufhellung bedarf. Und die beginnt natürlich damit, dass, etwa in Köln, die Sachverhalte tatsächlich aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Grundsätzliche Verbesserungen sind damit aber nicht erreicht. Es fragt sich etwa, warum nicht eine Stelle wie der Bundesrechnungshof die Befugnis erhält, die Spendeneinnahmen der Parteien kontinuierlich und auf allen Ebenen zu überprüfen; es fragt sich, warum das Parteiengesetz, das die Offenlegung von Spendern ab 10.000 Euro verlangt, bei Verstößen über finanzielle Sanktionen hinaus keine Strafvorschriften enthält.

Die Antwort bedient wieder Klischees und dürfte dennoch zutreffen: Weil es kein staatliches oder öffentlich-rechtliches Gremium gibt, das ohne Parteienvertreter auskommt, sorgen diese dafür, dass die Korsettstangen biegsam bleiben. Das muss keineswegs finsteren Absichten entspringen - Parteien sind in der parlamentarischen Demokratie eine schiere Notwendigkeit - es bedarf aber offensichtlich neuer Mechanismen, die den umfassenden Einfluss der Parteien beschneiden. Das schützt nicht vor Unfähigkeit oder vor charakterlichen Mängeln der handelnden Personen, es könnte aber die Transparenz erhöhen - notwendig ist das gewiss.