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Ein Land im Chaos

21. Dezember 2001

Der argentinische Präsident Fernando de la Rua hat die Konsequenz aus der Wirtschaftsmisere gezogen und ist zurückgetreten. Bei Massenprotesten waren an den vergangenen Tagen mehr als 20 Menschen getötet worden.

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Argentinien ist auf die Straße gegangen.Bild: AP

Während Tausende Menschen vor dem Präsidentenpalast den Rücktritt ihres Staatsoberhaupts feierten, floh dieser mit einem Hubschrauber. Argentinien steht nach Jahren der
Wirtschaftskrise kurz vor dem Staatsbankrott. Mit seinem Rücktritt nach der Hälfte seiner vierjährigen Amtszeit wolle er die Regierbarkeit Argentiniens sichern, schrieb De la Rua in seinem Rücktrittsgesuch. Zuvor hatte die Opposition sein Angebot zur Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit zurückgewiesen.

Der Rücktritt des Präsidenten kam nur wenige Stunden nach dem von Wirtschaftsminister Domingo Cavallo. Er wird maßgeblich für die Wirtschaftsmisere verantwortlich gemacht. Auch die übrigen Minister stellten ihre Ämter zur Verfügung.

Bereits am Freitag wollte das Parlament einen Nachfolger für De la Rua bestimmen. Der Interimspräsident soll das Land bis Dezember 2003 führen, dem eigentlichen Ende der Amtszeit De la Ruas. Wahrscheinlicher Kandidat ist Senatsführer Ramon Puerta. Er gehört den oppositionellen Peronisten an. Puerta appellierte an alle Minister, im Amt zu bleiben. Nur so könne ein "Machtvakuum" vermieden werden.

Kein Ende der Proteste

Trotz des Rücktritts setzten sich die gewaltsamen Proteste in der Hauptstadt fort. Gruppen maskierter Jugendlicher plünderten Geschäfte und setzten sie in Brand. Seit Mittwoch
starben bei blutigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Beamten mindestens 21 Menschen. Allein am Donnerstag erschossen Polizisten fünf Demonstranten in Buenos Aires. Mindestens 25 weitere wurden verletzt.

Die Menschen protestierten gegen den von De la Rua ausgerufenen Ausnahmezustand und das Einfrieren von
Renten und Konten.

US-Finanzminister Paul O'Neill betonte, eine Lösung für die
angeschlagene argentinische Wirtschaft könne nicht von außen kommen. US-Präsident George W. Bush rief das Land über seinen Sprecher Ari Fleischer zu einer engen Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) auf.

Im Dezember hatte der IWF die fällige Auszahlung einer Kredittranche in Milliardenhöhe gestoppt, weil die vereinbarte Schuldengrenze weit überzogen wurde. Damit steht das mit 132 Milliarden Dollar verschuldete Land vor dem Bankrott.

Argentinien befindet sich bereits seit dreieinhalb Jahren in einer schweren Rezession. Die Arbeitslosigkeit stieg bis Oktober nach amtlichen Angaben auf 18,3 Prozent. Die Regierung von Präsident De la Rua verfolgt mit drastischen Einschnitten im öffentlichen Sektor einen strikten Sparkurs, um die IWF-Kreditvorgaben zu erfüllen.