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Donnerstag am Stadtrand von Bagdad?

2. April 2003

Die US-geführten Truppen nähern sich offenbar weiter Bagdad. Der irakische Widerstand gegen den Vormarsch soll nach Militärangaben gering sein. US-Soldaten befreien eine amerikanische Kriegsgefangene.

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Ein amerikanischer Panzer auf der irakischen AutobahnBild: AP

Schneller als zuletzt erwartet haben US-Truppen offenbar zur Einnahme von Bagdad angesetzt. Eine Vorhut der amerikanischen Einheiten stand zwei Wochen nach Kriegsbeginn am Mittwoch (2.4.2003) noch 30 Kilometer vor der irakischen Hauptstadt, wie der britische Sender BBC meldete. In anderen Agenturmeldungen ist von 50 Kilometern die Rede. Zwei der sechs Divisionen der regimetreuen Republikanischen Garde sollen nach amerikanischen und britischen Angaben weitgehend zerschlagen oder stark geschwächt worden sein. Die irakische Führung bestätigte zwar heftige Kämpfe südlich der zentralirakischen Stadt Nadschaf, dementierte aber den amerikanischen Vormarsch auf Bagdad.

US-Militär: Bagdad-Division zerstört

Kinder in Trümmern bei Bagdad
Kinder in Trümmern bei BagdadBild: AP

Binnen 24 Stunden und damit bereits an diesem Donnerstag könnten die US-Soldaten den Stadtrand von Bagdad erreichen, heißt es aus dem US-Hauptquartier in Katar. US-General Vincent Brooks vom US-Zentralkommando sagte, die Bagdad-Division der Republikanischen Garde sei "zerstört" worden. Auch die anderen fünf Divisionen würden permanent attackiert. Brooks: "Die Republikanische Garde ist in Schwierigkeiten." Die Republikanische Garde hat als Elitetruppe des irakischen Machthabers Saddam Hussein nach Einschätzung von Militärexperten eine Schlüsselrolle bei der erwarteten Schlacht um Bagdad. Sie bildet auch den Verteidigungsring um Bagdad.

Nach übereinstimmenden Berichten amerikanischer Medien begannen US-Truppen bei Kerbela - rund 80 Kilometer südlich der irakischen Hauptstadt - eine umfangreiche Bodenoffensive. Zugleich bombardierte die US-Luftwaffe Verteidigungsstellungen der irakischen Streitkräfte im Umland Bagdads. Der irakische Widerstand nördlich von Kerbela sei geringer gewesen als erwartet, berichtete ein Reporter des US-Nachrichtensenders CNN, der die US-Truppen begleitet. Kerbela ist die letzte große Stadt vor Bagdad, und könnte Brückenkopf für den Kampf um die Fünf-Millionen-Metropole werden.

Offenbar neue zivile Opfer

Nach Angaben des arabischen Fernsehsenders El Arabija kam es erneut zu einem blutigen Zwischenfall mit Zivilisten. Danach habe eine aus einem US-Apache-Hubschrauber abgefeuerte Rakete in der Nähe der Stadt Hilla 15 Angehörige einer Großfamilie getötet. Bei einem US-Luftangriff auf Bagdad ist nach Angaben des arabischen Fernsehsenders El Dschasira ein Krankenhaus des Roten Halbmondes getroffen worden. Es habe Tote und Verletzte gegeben.

Saddam Hussein auf Mauer
Ein Gemälde von Saddam Hussein in der südirakischen Stadt Umm KasrBild: AP

Saddam hat seine Landsleute unterdessen zum Heiligen Krieg - dem Dschihad - gegen die Invasoren aufgerufen. Der Dschihad sei für die Iraker Pflicht, und jeder Tote komme sofort in den Himmel, heißt es in der Rede, die Informationsminister Mohammed Sajjid el Sahhaf verlas. Saddam selbst trat nicht auf.

Vermisste Kriegsgefangene befreit

In der südirakischen Stadt Nasirija befreiten laut Fernsehberichten US-Soldaten eine US-Kriegsgefangene. Die 19 Jahre alte Obergefreite Jessica Lynch aus dem Bundesstaat West Virginia wurde nach CNN-Angaben bei einem Gefecht in Nasirija am 23. März schwer verletzt und galt seitdem als vermisst.

Colin Powell in der Türkei
US-Außenminister Colin Powell in der TürkeiBild: AP

US-Außenminister Colin Powell sagte nach Gesprächen mit der türkischen Führung in Ankara, die amerikanischen Einheiten könnten jetzt über die Türkei mit Verpflegung und Treibstoff versorgt werden. Die USA hätten die Lage im Nordirak unter Kontrolle. Deshalb bestehe keine Notwendigkeit für einen türkischen Truppeneinmarsch.

Aktienmärkte hoffen auf US-Kriegserfolge

Die europäischen Aktienmärkte haben am Mittwoch nach ihren Vortagesgewinnen weiter zugelegt. Kursgewinne bestimmten den Handel. Die US-Börse Wall Street in New York eröffnete mit einem kräftigen Plus. Die Kurse an der Aktienbörse in Tokio schlossen am Mittwoch fest. Dagegen gaben die Preise für Öl und Gold weiter nach. Das Kriegsgeschehen im Irak stand Händlern zufolge erneut im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit am Markt. Sie hoffen offenbar auf raschere Irak-Kriegserfolge der USA.

Das Welternährungsprogramm (World Food Program – WFP) der Vereinten Nationen (UN) stellt sich darauf ein, den Irak nach dem Krieg sechs Monate lang mit Lebensmittelhilfen zu unterstützen. Dies sei eine der größten humanitären Herausforderungen in der Geschichte, heißt es bei der UN. Um die zwanzig Millionen Menschen müssten vorübergehend mit Nahrungsmitteln versorgt werden, sagte der WFP-Exekutivdirektor James Morris am Mittwoch in Berlin. (kap)

Hinweis:

Angaben zu Truppenbewegungen, Opfern und Schäden basieren zumeist auf Informationen der Kriegsparteien und können in der Regel nicht unabhängig überprüft werden.