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Desaströse Stimmung beim Mittelstand

8. April 2009

Die aktuelle Lage und Zukunftsaussichten der kleinen und mittleren Firmen sind so düster wie lange nicht mehr. Das zeigt eine Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform.

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Maschinenbau in Deutschland (Quelle: DW)
Schwer getroffen sind die exportabhängigen UnternehmenBild: DW-TV

Seit dem Sommer 2008 ist die Wirtschaft weltweit in die Knie gegangen. Das bringt auch immer stärker den deutschen Mittelstand und kleine Unternehmen ins Straucheln, wie ein Umfrage der Wirtschaftsauskunftei Creditreform ergab. Auch wenn die "Kleinen" weniger bekannt sind - sie bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Rund 80 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind solche mittelständischen Familienbetriebe, sie beschäftigen zwei von drei Arbeitnehmern und bilden fast 80 Prozent der Lehrlinge aus. Außerdem erwirtschaften sie über 40 Prozent aller steuerpflichtigen Aufkommen.

Im Supermarkt mit Einkaufskorb (Quelle: AP)
Besonders Handel und Industrie leidenBild: AP

Und dieses Rückgrat ist nun angeknackst. So schlimm wie derzeit sahen die Umsatz- und Ertragszahlen seit 15 Jahren nicht mehr aus. Entsprechend schlecht ist die Stimmung: Nur noch jedes dritte Unternehmen schätzt die gegenwärtige Lage als positiv ein. Aber nicht nur die aktuelle Situation wird schlecht bewertet, auch von der näheren Zukunft erwarten die Unternehmen nicht viel Gutes. Fast 40 Prozent gehen davon aus, künftig weniger zu verkaufen. Nur noch jede zehnte Firma rechnet mit steigenden Umsätzen.Das ergab eine Umfrage bei rund 4.200 kleinen und mittelständischen Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern, die von der Wirtschaftsauskunftei Creditreform durchgeführt wurde. Helmut Rödl, Vorstandsmitglied von Creditreform, umschreibt das Minus bei den Umsatzerwartungen mit "atemberaubend" und die schlechten Gewinnaussichten mit "desaströs".

"Die Konjunkturprogramme der Bundesregierung konnten die Talfahrt der deutschen Wirtschaft nur geringfügig bremsen", sagt Rödle. Daher rechnet er damit, dass der Anfang dieses Jahres ähnlich schlecht verlaufen sei wie das letzte Quartal 2008.

Schlechte Gewinnaussichten

Immer mehr Aufträge brechen weg, die Umsätze schrumpfen, und das wirkt sich natürlich auch auf die Erträge aus. Im letzten Jahr schmolzen die Gewinne bei mehr als der Hälfte der Unternehmen zusammen. Ein Gewinnplus erzielte noch nicht einmal jeder zehnte Betrieb. Und auch hier rechnen die befragten Unternehmen nicht mit baldiger Besserung. Ganz im Gegenteil: Die Zukunftserwartungen sind düsterer als sie im Rezessionsjahr 2003 waren. Nur 15 Prozent der Befragten rechnen mit steigenden Erträgen, die meisten wappnen sich, um trotz fallender Erträge zu überleben.

Maschinenbau Mittelstand Sondermaschinen
Maschinen sollten nicht veraltenBild: picture-alliance /ZB

Auch wenn es klug ist, die Produktionsanlagen nicht veralten zu lassen, um für den nächsten Aufschwung gerüstet zu sein: es gibt momentan wenig Ressourcen für Investitionen. Konnte im vergangenen Jahr noch jedes zweite Unternehmen Geld für Investitionen aufbringen, so sehen sich in diesem Jahr nur noch 41 Prozent dazu in der Lage. Ein Grund: Die eigenen Mittel schmelzen dahin. Ein Drittel der Firmen hat wegen der schlechten Umsatz- und Ertragslage zu wenig Eigenkapital. Und es wird schwieriger, sich von anderer Seite Kredit zu beschaffen, das sagen über 40 Prozent der Befragten. Die Banken fordern inzwischen mehr Sicherheiten und höhere Risikoaufschläge.

Mitarbeiter behalten

Menschen warten in der Agentur für Arbeit in Leipzig an Schaltern. (Quelle: dpa)
In den Arbeitsagenturen werden die Schlangen längerBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Trotz düsterer Zukunftsaussichten, wollen die meisten Firmen an ihrem Fachpersonal festhalten. "Weil man natürlich weiß, dass nach der Krise gerade die fachlich gut qualifizierten Leute wieder gebraucht werden", meint Rödl. Schlechter sieht es aus für einfache Facharbeiter und für Zeit- und Leiharbeiter. Ihre Stellen können leichter neu besetzt werden, sollte die Wirtschaft eines Tages wieder in Gang kommen. Um Entlassungen im Stammpersonal zu vermeiden, werden Überstundenkonten abgebaut und die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Knapp ein Viertel der Unternehmen musste die Zahl ihrer Mitarbeiter jedoch trotzdem im vergangenen halben Jahr verringern.

Wer jedoch besondere Qualifikationen hat, ist auch in der Krise gefragt. Denn: Trotz der Rezession wird noch eingestellt. Derzeit suchen etwas über zwölf Prozent der befragten Unternehmen qualifizierte Mitarbeiter. Und sobald die Konjunktur wieder anzieht, brauchen die Mittelständler noch mehr qualifizierte Fachkräfte, das gab knapp ein Viertel der Befragten an.

Autor: Insa Wrede

Redaktion: Rolf Wenkel