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Naturkapital

Kyle James, Phnom Penh / db 19. März 2013

Holzfäller und Bauunternehmer sind auf dem besten Wege, den größten zusammenhängenden immergrünen Tieflandwald in Kambodscha zu zerstören. Eine junge Frau führt den Kampf um den Wald von Prey Lang.

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Aktivisten treffen auf holzfäller mit kettensäge photographer: Cheth Tan Feb. 20, 2013
Bild: Cheth Tan

Wie man sich irren kann: Wer Mao Chanthoeun zum ersten Mal trifft, kommt nicht auf den Gedanken, dass diese zierliche kleine Frau etwas mit dem brutalen Kampf um den Wald von Prey Lang zu tun haben könnte.

Die 32-Jährige hat sich von der traditionellen Bäuerin im ländlichen Kambodscha zu einer höchst engagierten und sichtbaren Waldaktivistin gemausert. Ihr Privatleben steht ganz im Zeichen ihres Kampfes um die Erhaltung dieses Ökosystems.

Chanthoeuns Kampf um Prey Lang ist sehr persönlich; hier ist sie aufgewachsen. Es geht ihr nicht nur darum, dieses unberührte Gebiet zu bewahren: es geht um die Erhaltung der Lebensweise in den Dörfern.

"Wenn Prey Lang verschwindet, dann verlieren meine Gemeinde und meine Familie alles", erklärt sie am Rande einer Demo in Phnom Penh gegenüber der Deutschen Welle. "Wir sind absolut auf den Wald angewiesen, und wenn er nicht mehr da ist, können wir nicht mehr unseren Lebensunterhalt verdienen."

Mao Chanthoeun, photographer: Kyle James
Mao Chanthoeun hat ihr Leben für den Wald umgekrempeltBild: DW/K. James

Ein einmaliges Ökosystem

Prey Lang heißt in der indigenen Sprache der Kuy 'unser Wald'. Über vier Provinzen und 3,600 Quadratkilometer erstreckte sich der Wald im Norden Kambodschas einst. Allerdings sind Bagger und Holzfäller dabei, den größten zusammenhängenden immergrünen Tieflandwald auf dem südostasiatischen Festland zu zerstören - die Katastrophe schlechthin für Chanthoeun und ihre Gemeinde.

Im Wald sammeln die Einwohner Gemüse, Pilze, Honig und Kräuter für ihre traditionelle Medizin, aber auch Baumaterialien, erklärt Seng Sokheng. "Für die Gemeinde hier ist das wie eine Bank", so der Mitarbeiter des "Community Peace-Building"-Netzwerks, einer nichtstaatlichen kambodschanischen Organisation zum Erhalt der natürlichen Ressourcen.

Ohnehin lasche Regeln zum Schutz des Waldes werden selten umgesetzt und internationale Beobachter schätzen, dass Prey Lang in zwei bis fünf Jahren verschwunden sein wird wenn das momentane Tempo des Abbaus anhält. Das Land wäre um ein entscheidendes Niederschlagsgebiet, wichtige Fischbrutgebiete und eine riesige grüne Lunge ärmer.

Das Land als Lebensquelle

"Das Volk der Kuy kann dann nicht mehr mit dem Sammeln von unterschiedlichsten Materialien im Regenwald seinen Lebensunterhalt bestreiten", beschreibt Svay Phoeun, selbst ein Kuy, das Szenario. Die Volksgruppe lebt traditionell in und nah am Wald. Mehr Kuy müssten dann die Gegend verlassen und anderswo Arbeit suche, fürchtet Svay Phoeun.

Mao Chanthoeun, selbst zur Hälfte Kuy, engagiert sich schon seit Jahren aktiv für das Überleben des Waldes. Sie arbeitet zunächst in diversen nichtstaatlichen Umweltorganisationen, beschäftigt sich mit der Thematik Wald und den maßgeblichen Akteuren. Langsam entwickelt sich ein Netzwerk: das Prey Lang Community Network. Chanthoeun, die mittlerweile auch eine Frauengruppe innerhalb des Netzwerks gegründet hat, übernimmt eine zunehmend aktive Rolle - ungewöhnlich in der größtenteils patriarchalischen Gesellschaft im ländlichen Kambodscha.

Gefällte Baumstämme mit Markerungen photographer: Sao Sokol
Immer wieder finden Aktivisten illegal gefällte BaumstämmeBild: Sao Sokol

2011 beteiligt sie sich an Waldstreifen, um illegale Holzfäller zu stoppen. Im sechsten Monat schwanger, stellt sich die junge Frau mächtigen Gesellschaften entgegen, die für gewöhnlich nicht viel für Umweltaktivisten übrig haben. Manchmal sind die illegalen Holzfäller auch bewaffnet.

"Natürlich habe ich manchmal Angst, erschossen zu werden", meint Chanthoeun. Aber so dürfe sie nicht denken. "Ich versuche den Wald für die Generation meines Kindes zu bewahren, nicht nur für meine Generation." Ihr Sohn wird im Januar 2012 im Wald geboren. Sie nennt ihn Ros Prey Lang, das heißt 'Prey Lang lebt.' Das Baby auf der Hüfte, geht Chanthoeun wenige Wochen nach der Geburt wieder Streife.

Für viele, insbesondere Frauen, ist sie ein Vorbild. Ihr Privatleben leidet allerdings unter ihrer Vorreiterrolle. Ihr Ehemann ist nicht mit ihren Aktivitäten zum Schutz des Waldes einverstanden und bittet sie mehrfach, sich nicht den Streifen anzuschließen. Sie ignoriert die Bitten und er verlässt sie noch vor der Geburt des Kindes. Ihr Engagement bedeutet auch einen Einkommensverlust, da Chanthoeun sich nicht ständig um ihr kleines Stück Ackerland kümmern kann.

Demos und Petitionen

Die Zukunft des Prey Lang Waldes bleibt ungewiss: die Agrarindustrie, eine kürzlich angekündigte Bahnstrecke, ein Stahlwerks- und ein Hafenprojekt könnten den Umweltschutz in der Gegend nahezu unmöglich machen.

Mann mit Harke photographer: Cheth Tan
Bodenschätze werden auch zunehmend im Prey Lang Wald erschlossenBild: Cheth Tan

Die Regierung Kambodschas hat zwar im November 2011 einen Gesetzentwurf zum verbesserten Schutz des Waldes vorgelegt, aber Chanthoeun und ihre Mitstreiter haben wegen seiner Umsetzung große Bedenken. Sie setzen sich bei der Regierung für eine Mitbestimmung der betroffenen Gemeinde bei der Verwaltung des Waldes ein

Trotz aller Unsicherheiten ist Chanthoeun optimistisch, dass die Generation ihres Sohnes und nachkommende Generationen wenigstens einen Teil des Prey Lang Waldes kennen werden. Wenn sie Zeit habe, werde sie weiter ihren Acker bestellen- aber wenn der Wald rufe, dann werde sie alles liegen lassen und zurückkehren in Wald, den sie liebe und brauche. Chanthoeun ist sich sicher: "Wenn diese Bewegung erhalten bleibt, dann bleibt auch der Wald erhalten."