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Der Engel von Burundi

Maja Dreyer23. Juni 2005

Marguerite Barankitse engagiert sich sehr erfolgreich für die Opfer des Bürgerkriegs in Burundi. Ihre Hilfe macht Schule und wurde nun vom UN-Flüchtlingswerk in besonderem Maße gewürdigt.

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Bild: dpa

"Mama Maggie" - so nennen sie ihre Schützlinge und bis über die Grenzen ihres Heimatlandes ist sie als "Engel von Burundi" bekannt. Mit der Verleihung des Nansen-Flüchtlingspreis des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) steht sie in der Tradition von Staatsführern und internationalen Hilfsorganisation. Was diese Preisträgerin von vielen ihrer Vorgänger aber unterscheidet, sind ihre persönlichen Erfahrungen im Bürgerkrieg von Burundi. Marguerite Barankitses Heime für Kinder und Flüchtlinge bieten nicht nur Nahrung und Schlafplätze. Sie sind auch die Schule für einen neuen Weg in Burundi - ohne Hass zwischen den Ethnien.

Mordenden Banden entgegen gestellt

"Hutus, Tutsis, Twas - wir sind alle gleich." So singen die Kinder jeden Tag im "Maison Shalom", im Haus des Friedens. "Hutsitwas" nennen sich Bewohner dieses Kinderheims deshalb auch gerne und stemmen sich damit gegen den Hass vor allem zwischen Hutus und Tutsis, der in dem kleinen Land Burundi in den letzten Jahren 300.000 Menschen das Leben gekostet hat.

Flüchtlinge in Burundi
Flüchtlinge in BurundiBild: AP

Die Gründerin des Maison Shalom hätte eines dieser Opfer sein können. An einem Tag im Oktober 1993 stellte sie sich den mordenden Tutsi-Truppen entgegen und versuchte so, eines von vielen Massakern an den Hutu zu verhindern - sie, die selber eine Tutsi ist. Die Angreifer schlugen sie nieder und metzelten weiter. Maggie aber überlebte nicht nur das Massaker, es gelang ihr sogar, 25 Kinder zu verstecken und damit vor dem Tod zu bewahren.

Dieser Tag ist die traurige Geburtstunde des Maison Shalom. Mitten im andauernden Bürgerkrieg gründetet die damals 35-jährige Lehrerin ein Kinderheim, um ihren elternlosen Schützlingen ein neues Zuhause zu geben. Bereits ein halbes Jahr später wurde das Haus zu klein, weil mittlerweile schon 60 Kinder bei "Mama Maggie" lebten.

Zwischenstation für Flüchtlinge

Mit Unterstützung der deutschen Hilfsorganisation Caritas hat Maggie Barankitse in den vergangenen 12 Jahren vier Kinderdörfer aufgebaut. Mit Schulen, Restaurants, Kinos und Gesundheitsstationen. Längst leben auch nicht mehr nur Kinder in den Maisons Shalom. Junge Soldaten sind gekommen genau wie vergewaltigte Frauen, Flüchtlinge aus den Nachbarländern und HIV-Infizierte. Sie wolle allen ein Zuhause geben, die sich verletzt fühlen, sagt Mama Maggie. 10.000 Obdachlose hat sie in den vergangenen 12 Jahren aufgenommen.

Viele von ihnen leben mittlerweile wieder ein eigenes Leben, denn das Maison Shalom soll nur ein Ort des Übergangs sein. Sind die Waisenkinder körperlich und seelisch wieder aufgepäppelt, suchen ihre Betreuer Adoptiveltern für sie. Gerade haben außerdem 500 Jugendliche ihre eigenen Wohnungen überschrieben bekommen.

Flüchtlinge aus Burundi halten sich im Flüchtlingslager Lukole im Westen Tansanias auf Bäumen auf um den früheren räsidenten Südafrikas Nelson Mandela zu sehen
Flüchtlinge aus Burundi im Flüchtlingslager Lukole im Westen TansaniasBild: AP

"Unser Land ist krank"

Maggies Fürsorge für ihre Schützlinge ist gleichzeitig auch eine sanfte Heilbehandlung für Burundi. "Unser Land ist krank," sagt sie. "Wir müssen ihm viel Zärtlichkeit geben." Die wichtigste Grundlage für einen stabilen Frieden ist für Maggie, dass sich die verschiedenen Ethnien endlich als gleichwertig und als ein Volk ansehen. "Diese Kinder werden aufwachsen und eine neue Generation werden", glaubt die Flüchtlingshelferin. Sie hätten zusammen gewohnt und gelebt - als Tutsis und Hutus. "Ich glaube, dass ist ein Beispiel, das uns berühren und bestärken kann."

Preisgeld bereits verplant

Burundi Bujumbura Pierre Buyoya Domicien Ndayizeye
Flüchtlinge in BurundiBild: AP

Der Nansen-Flüchtlingspreis ist nicht die erste Auszeichnung für die Burundierin, wohl aber eine der höchst dotierten. 100.000 US-Dollar bekommt Maggie Barankitse für ihre Arbeit. Das Geld will sie sofort wieder einsetzen. "Ich werde eine Klinik aufbauen, wo wir uns um die Mütter kümmern wollen", sagt die Flüchtlingshelferin. "Es soll außerdem Möglichkeiten geben, sich über Familienplanung und über den Schutz vor Aids zu informieren."

Der Nansen-Preis ist nach dem ersten Flüchtlingskommissar des Völkerbundes benannt und wurde 1954 zum ersten Mal verliehen. Auch wenn der Name der diesjährigen Preisträgerin nicht die Berühmtheit einige ihrer Vorgänger erreichen wird - darunter waren zum Beispiel der spanische König Juan Carlos I, der ehemalige deutsche Bundespräsident Richard von Weizsäcker und die internationale Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen - Maggie Barankitse wird mit ihrem Beinamen in die Geschichte eingehen, den ihr ihre Landsleute gegeben haben: Der Engel von Burundi.