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Ratloses Davos

Manfred Götzke31. Januar 2009

Die Welt nach der Krise formen war das Ziel - doch statt neuer Rezepte hat das Treffen vor allem gezeigt: Selbst Topbanker wussten nicht, was sie taten und Regierungschefs wissen nicht, wie es weiter gehen soll.

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Ratlos? Jean Claude Trichet, Präsident der Europäischen ZentralbankBild: AP

Kein Wunder, dass gerade er einer der Stars war auf diesem Weltwirtschaftsforum: der Ökonom Nuriel Roubini, bekannt auch als Dr. Doom, Prophet des Untergangs. Schon 2006 sagte er voraus, dass die Immobilienblase in den USA platzen würde und die Welt vor einer schweren Rezession stünde. Nur wollte ihm damals auch in Davos noch keiner so recht glauben. Wie zum Beispiel der Vize-Chef der US-Großversicherung AIG – die nur mit einer Milliardenspritze vor dem Untergang gerettet werden konnte. 2009 hat Jakob Frenkel sein Urteil revidiert: "Roubini war intellektuell mutig und lag mit seinen Vorhersagen richtig. Er hat an Glaubwürdigkeit gewonnen - und zwar verdient."

Roubini. Quelle: ap
Nouriel Roubini gilt als der Prophet des UntergangsBild: picture-alliance/ dpa

Roubini blieb auch in diesem Jahr seinem Ruf treu: Die Krise sei noch längst nicht ausgestanden, sagte er. "Meine Sorge ist, dass wir eine globale Rezession haben, und die könnte in eine Depression führen." Es könnte sogar so hart werden wie vor 80 Jahren, bei der großen Depression. Der 50-jährige Professor von der New York University betont, dass die Krise auch eine soziale ist. "In manchen Ländern wird es soziale Aufstände geben. Deshalb müssen jetzt die richtigen politischen Entscheidungen getroffen werden."

"Die meisten Top-Banker hatten keine Ahnung"

Eine andere, vielleicht noch frappierendere Erkenntnis nach fünf Tagen Davos: Nicht nur Landesbankmanager in Bayern und Nordrhein-Westfalen wussten nicht genau, was das für Finanzinstrumente waren, mit denen sie ihre Gewinne scheffelten. Auch die Topbanker der großen amerikanischen Institute hatten schlicht keine Ahnung. AIG-Manager Jakob Frenkel leistete in Davos seinen Offenbarungseid: "Ich glaube, keiner im Vorstand hat gewusst, welche Risiken wir eingegangen sind. Jedes Unternehmen wird Ihnen das gleiche sagen. Und da das alles seriöse Leute sind, muss man das Problem im System suchen."

Gefördert wurde all das - und kein Manager wagte dabei in Davos öffentlich zu widersprechen - durch ein falsches Anreizsystem: Hohe Boni gab es für hohe kurzfristige Gewinne, und die waren nur mit hohem Risiko zu erwirtschaften.

Mehr Macht dem IWF

Brown. Quelle: ap
Gordon Brown fordert eine globale Kontrolle des FinanzsystemsBild: AP

Soviel zur Analyse dessen, was passiert ist. Aber Davos wollte ja mehr: "Die Welt nach der Krise" sollte hier "geformt" werden, so jedenfalls das Motto des diesjärigen Weltwirtschaftsforums. Nun, wie soll sie aussehen? Vielfach war die Rede von internationaler Kooperation: Konjunkturprogramme machten nur Sinn, wenn möglichst viele Staaten sie auflegen würden - und auch neue Regeln für die Finanzindustrie müssten auf internationaler Ebene gefunden werden, sagte zum Beispiel der britische Premier Gordon Brown: "Wir haben ein globales Finanzsystem, aber keine globale Kontrolle, das muss sich ändern." Laut Brown sei ein internationals Warnsystem nötig, um künftige Krisen zu verhindern. Das Wirrwarr nationaler Regulierung müsse durch internationale Regulierung ersetzt werden. Außerdem fordert Brown internationale Standards für Transparenz und die Stärkung internationaler Institutionen. Eine solche Institution wäre etwa der Internationale Währungsfonds, der nach Ansicht vieler Teilnhemer in Davos gestärkt werden sollte.

Forum der Appelle

Ganz neu sind all diese Rezepte nicht, vor allem sind sie nicht wirklich konkret. Wie genau der IWF gestärkt werden soll oder warum die einflussreichsten Länder der Welt Macht an eine internationale Regulierungsbehörde abtreten sollten - solche Fragen blieben in Davos unbeantwortet.

So bleibt Davos 2009 ein Forum der Appelle: Appelle, die Krise als Chance zu nutzen, die staatlichen Konjunktur-Milliarden in Umweltprogramme zu stecken und an die Armen zu denken, sagte etwa Ban Ki Moon: "Als Generalsekretär der Vereinten Nationen sage ich: Legen Sie etwas zurück für Ihre ärmeren Nachbarn, vergessen Sie sie nicht."

Entscheidungen werden dann - vielleicht - im April auf dem Weltfinanzgipfel in London folgen.