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Ölpreis so hoch wie vor Irak-Krieg

Michael Knigge17. März 2004

Fast genau ein Jahr nach dem Angriff auf den Irak liegt der Ölpreis wieder auf dem Niveau wie zu Beginn des Krieges. Schlechte Vorzeichen für eine weltweite Konjunkturerholung.

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Höchste Sprit-Preise der USA: KalifornienBild: dpa

Die Reaktion kam prompt. Als sich in den vergangenen Tagen die Hinweise auf eine mögliche Beteiligung der Terrororganisation El Kaida an den Anschlägen von Madrid verdichteten, zogen die Preise für ein Barrel der wichtigsten Rohölsorte Brent sofort an: zwischenzeitlich kostete ein Barrel mehr als 36 Dollar und damit deutlich mehr als während des Irak-Kriegs.

"Der Markt ist derzeit sehr sensibel und reagiert auf die geringsten Äußerungen oder Veränderungen", erklärt Rainer Wiek vom Energie Informationsdienst den jüngsten Preissprung im Gespräch mit DW-WORLD. Allerdings sind die Anschläge nicht allein für die hohen Preise verantwortlich. Der Preisschub ist auch auf die Ankündigung des Öl-Kartells OPEC zurückzuführen, ab April weniger Öl zu fördern und damit das Ölangebot zu verknappen.

OPEC, Nachfrage, Unsicherheit

"Die aggressive Politik der OPEC ist der Hauptgrund für die steigenden Ölpreise", betont Eugen Weinberg, Rohstoff-Analyst bei der BW-Bank im Interview mit DW-WORLD. Ebenfalls preistreibend wirken die wachsende Nachfrage aus China und den USA, wo die Lagerbestände im Januar ein 28-Jahres-Tief erreichten, und die geopolitisch unsichere Lage.

Die Auswirkungen sind in den USA schon an allen Tankstellen zu spüren. Der Durchschnittspreis für Benzin stieg auf 1,77 Dollar pro Gallone - das höchste Niveau seit Mai 2001. Der hohe Ölpreis trifft die US-Wirtschaft und damit die Weltwirtschaft zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Denn die meisten Indikatoren deuten eigentlich auf eine anhaltende Erholung der amerikanischen wie der internationalen Konjunktur hin. "Die hohen Ölpreise dämpfen natürlich das Wirtschaftswachstum in den USA, aber es ist sehr schwer zu sagen um wie viel", sagt Analyst Weinberg. Eine Entspannung der hohen Preise in den USA ist derzeit nicht in Sicht. "Dort beginnt bald wieder die "Fahrsaison", in der die Leute wieder viel mit dem Auto unterwegs sind", ergänzt Energie-Experte Wiek.

Euro schützt Europa

Während die hohen Öl- und Benzinpreise in den USA ein Hauptgesprächsthema sind, ist der Preissprung bei den meisten europäischen Verbrauchern noch nicht richtig angekommen. Das hat einen Grund: der starke Euro. Da Erdöl traditionell in Dollar gehandelt wird, bilden die Währungseffekte eine Art Puffer und schirmen die Verbraucher der Euro-Zone von den Preissteigerungen auf den Weltmärkten ab. Deshalb sind die europäischen Volkswirtschaften bislang auch nicht direkt von den hohen Ölpreisen betroffen. "Für das Wirtschaftswachstum in Europa wirkt sich das derzeit wegen des starken Euros noch nicht aus", betont BW-Bank-Analyst Weinberg.

Dennoch gibt es auch für Europa langfristig keinen Grund zur Sorglosigkeit. Denn sollte die US-Wirtschaft ins Stottern geraten, könnte auch der zarte Aufschwung in Deutschland und Europa schnell wieder vorbei sein. Außerdem rechnen Experten auch auf Dauer nicht mit deutlich sinkenden Ölpreisen. "Die Ölpreise werden langfristig bei über 25 Dollar pro Barrel liegen, auch Preise von 50 Dollar sind nicht ausgeschlossen," prognostiziert Weinberg und verweist auf den stark ansteigenden Verbrauch in China und Osteuropa in den nächsten Jahren.

Ungewisse Vorräte

Erdölpreise von 50 Dollar je Barrel erscheinen derzeit kaum vorstellbar und würden gravierende Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben. Doch der Trend deutet bereits in diese Richtung. Der Ölpreis liegt schon seit 70 Handelstagen über dem von der OPEC angestrebten Niveau zwischen 22 und 28 Dollar. Zudem stieg der Durchschnittspreis pro Barrel Rohöl in den vergangenen Jahren jeweils deutlich und liegt auch 2004 bereits wieder über dem Vorjahreswert.

Ökonomisch betrachtet pendeln sich die Preise aber auf einem bestimmten Niveau wieder ein, betont BW-Analyst Weinberg. "Man hat in den Achtziger Jahren gesehen, dass irgendwann eine Preisschwelle erreicht wird, bei der die Menschen ihre Gewohnheiten ändern und der Verbrauch wieder sinkt." Allerdings könnten die Folgen dieses Szenarios denen der Ölkrise der Siebziger Jahren ähneln.

Zwar spekulierte man auch damals schon über die Endlichkeit dieser wichtigsten Ressource der Weltwirtschaft, aber bislang konnte die steigende Nachfrage immer durch neue Vorkommen gedeckt werden. Wie lange noch, kann allerdings trotz unterschiedlicher Angaben niemand wirklich genau sagen. "Es gibt keine zuverlässigen Prognosen wie lange die Erdölvorräte noch reichen", sagt Rohstoff-Experte Weinberg.