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Zurück auf den Tugendpfad

Karl Zawadzky3. März 2003

Das deutsche Haushaltsdefizit soll in diesem Jahr 2,8 Prozent betragen. Auch die anderen Maastricht-Kriterien will Finanzminister Hans Eichel einhalten. Das wird schwierig und ist risikobehaftet.

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Ein Finanzminister in NotBild: AP

Auf 2,8 Prozent wird sich nach den Berechnungen von Bundesfinanzminister Hans Eichel das gesamtstaatliche Defizit im laufenden Jahr belaufen. Damit würde Deutschland das wichtigste Kriterium des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes einhalten. Nach den Festlegungen des Maastrichter Vertrages streben die Mitgliedsländer der Wirtschafts- und Währungsunion für den Normalfall ausgeglichene Haushalte an. In schwieriger Zeit ist eine Kreditaufnahme bis zu drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts möglich, bei einer schweren Rezession kann zum Gegensteuern die Schuldenaufnahme noch höher ausfallen. Im vergangenen Jahr haben der Bund, die Länder und Gemeinden sowie die Sozialversicherungen gegen die Obergrenze von drei Prozent verstoßen. Die Neuverschuldung lag bei 3,6 Prozent, was ein förmliches Verfahren auslöste.

Steuergesetz soll scheitern

Notorisch unsolide Haushaltsführung kann von den Brüsseler Stabilitätswächtern im Extremfall mit einer milliardenschweren Geldbuße bestraft werden. Dazu wird es nicht kommen, wenn die Rückkehr auf den haushaltspolitischen Tugendpfad gelingt. Nach dem vom Bundesfinanzminister aufgestellten Szenario ist das möglich, allerdings schwierig und risikoreich. Die Risiken liegen nicht nur im Konjunkturverlauf und den davon beeinflussten Steuereinnahmen, sondern auch in der laufenden Gesetzgebung. Da ist nämlich die Bundesregierung nicht mehr Herr des Verfahrens, sondern die Mehrheit der unionsregierten Länder im Bundesrat will am Freitag (14. März 2003) kommender Woche das derzeit wichtigste finanzpolitische Gesetz scheitern lassen, nämlich das so genannte Steuervergünstigungsabbaugesetz.

Mit dem Abbau von 40 Steuersubventionen will Bundesfinanzminister Hans Eichel die Einnahmen des Bundes, der Länder und Gemeinden um insgesamt 3,6 Milliarden Euro erhöhen. Weitere Einnahmen soll die Rückkehr von Fluchtgeld nach Deutschland und in die Legalität bringen. Bei der "Brücke zur Steuerehrlichkeit" geht Eichel von einem Kapitalrückfluss von zwanzig Milliarden Euro aus. Dieses Schwarzgeld soll pauschal mit 25 Prozent besteuert werden, was die Einnahmen des Fiskus um fünf Milliarden Euro verbessern würde.

Schlappe für die Regierung

Im Prinzip ist natürlich auch die Opposition für den Abbau von Steuervergünstigungen sowie für die Rückkehr von Schwarzgeld nach Deutschland und in die Legalität. Die von der CDU regierten Länder Hessen und Saarland haben sogar die von Eichel geplanten Einnahmeverbesserungen bereits in ihre Haushaltsplanungen eingestellt. Doch die Union insgesamt will natürlich die Chance nutzen, der Bundesregierung eine Schlappe beizubringen und wird Eichels Gesetzespaket in der Ländervertretung Bundesrat anhalten. Darauf wird die Bundesregierung mit der Einleitung eines Vermittlungsverfahrens reagieren.

Irgendwie und irgendwo wird man sich dann einigen. Zum Beispiel bei der Körperschaftsteuer, also der Einkommensteuer der Kapitalgesellschaften. Viele der großen Konzerne hier zu Lande haben sich nämlich trotz Gewinnen in Milliardenhöhe völlig legal von dieser Steuer verabschiedet. Über eine so genannte Mindeststeuer könnten sie künftig zur Kasse gebeten und zur Mitfinanzierung der staatlichen Aufgaben verpflichtet werden.

Ausfälle bei Steuereinnahmen

Eichels Defizitberechnung liegen die Eckwerte des Bundeshaushaltes für das laufende Jahr zu Grunde. Die darin festgelegte Höhe der Neuverschuldung von 18,9 Milliarden Euro für den Bund müsse unbedingt gehalten werden, ließ Eichel erklären. Ob dies gelingt, ist allerdings fraglich. Denn wegen der konjunkturellen Flaute zeichnen sich Ausfälle bei den Steuereinnahmen ab. Zudem ist es wegen der steigenden Arbeitslosigkeit überaus fraglich, ob die Bundesanstalt für Arbeit, wie von Eichel geplant, ohne einen Bundeszuschuss auskommen kann.

Um dem drohenden Abgleiten in eine Rezession zu begegnen, wird in Berlin an einem milliardenschweren Konjunkturprogramm gearbeitet. Über die Größenordnung wird heftig spekuliert. Mal ist von zwei Milliarden Euro, mal von sechs und mal von zehn Milliarden Euro die Rede. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hält gar zusätzliche Ausgaben und Steuersenkungen von 15 Milliarden Euro für nötig. Doch das Programm zur Stärkung der kommunalen Investitionskraft soll nur zum kleineren Teil durch Umschichtungen im Bundeshaushalt finanziert werden. Geplant ist die Finanzierung über die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau, der Bund will bei den Krediten die Zinsen subventionieren.