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Zulauf für oppositionelles Bündnis demokratischer Kräfte in Russland

15. Dezember 2005

Auf der Basis der Demokratischen Partei soll mit Hilfe von Irina Chakamadas Partei Unsere Wahl eine Oppositionskraft entstehen. Iwan Starikow, einst in der Führung der Union rechter Kräfte, erläutert die Zusammenhänge.

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Teil des Bündnisse: Ex-Premier Michail KassjanowBild: AP

Vergangene Woche haben sich wichtige Veränderungen im Lager der demokratischen Opposition Russlands ergeben. Den Anfang machte der ehemalige Premierminister des Landes, Michail Kassjanow, der möglicherweise bei den nächsten Präsidentschaftswahlen für das höchste Staatsamt kandidieren wird. Er teilte mit, er beabsichtige, auf der Basis der Demokratischen Partei Russlands eine demokratische Opposition aufzubauen. Dann erklärte die Führerin der Partei Unsere Wahl, Irina Chakamada, ihre Partei wolle sich mit der Demokratischen Partei zusammenschließen. Zur gleichen Zeit gab das Mitglied des Föderalen politischen Rates der Partei Union rechter Kräfte (SPS), Iwan Starikow, bekannt, er wechsele zur Demokratischen Partei. Die Demokratische Partei Russlands wurde 1990 gegründet. Sie war in der damaligen UdSSR die erste alternative politische Kraft zu KPdSU. Aber mit den Jahren verlor sie ihre Unterstützung in der Bevölkerung und ist in der heutigen Staatsduma nicht vertreten.

SPS ohne eindeutigen Führer

In einem Gespräch mit der Deutschen Welle erläuterte Starikow die Gründe für seinen Wechsel von der SPS zur Demokratischen Partei: „Ich bin der Ansicht, dass die SPS als politische Partei zu einem gewissen Grad zerfallen ist, aus mehreren Gründen: Die subjektiven Gründe hängen damit zusammen, dass die Demokraten keine eigene Fraktion im Parlament haben und die Diktatur des Gesetzes es nicht erlaubt, eine parlamentarische Opposition aufzubauen. Die SPS hat heute keinen eindeutigen Führer, den man als Führer von nationalem Format bezeichnen könnte.“

Ideologische Krise

Starikow betonte, hinzukomme, dass sich die ideologische Krise der Partei vertiefe: „Der Partei ist es nicht gelungen, deutlich zu machen, dass sie die Partei der Opposition ist, und bereit ist, als eine Partei, die auf einer Ideologie basiert, Werte der Demokratie und Freiheit zu verteidigen. Die Parteianhänger haben davon schon lange nichts mehr gehört. Deswegen verliert sie rapide ihre Wähler.“

Kritik an Anatolij Tschubajs

Den Hauptgrund für seine Entscheidung, die SPS zu verlassen, erläuterte Starikow folgenderweise: „Der informelle Führer der SPS, der Parteigründer Anatolij Tschubajs, ist heute eine Geisel von Polittechnologen und seines Amtes. Man kann nicht Führer einer Oppositionspartei sein und zugleich einem Staatsunternehmen vorstehen. Die Nachfrage nach einer oppositionellen demokratischen Partei ist in Russland gewaltig. Ein Angebot gibt es bisher aber nicht. Deswegen habe ich mich entschieden, von der SPS zur Demokratischen Partei zu wechseln.“

Ziele für Parlamentswahl 2007

Das Ziel der Demokratischen Partei sei, so Starikow, an die Macht zu kommen. Er betonte: „Die Demokratische Partei will, wie jede Partei, die eine Opposition oder politische Tätigkeit nicht nur vortäuscht, natürlich an die Macht kommen. Bei den Parlamentswahlen 2007 müssen 20 bis 25 Prozent der Wählerstimmen gewonnen werden, um zur Partei der Staatsmacht, der Partei Einiges Russland, würdig in Konkurrenz zu treten und sie auch zu besiegen. Das bedeutet auch, dass man einen eigenen Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen 2008 haben muss.“

Skandal um Kassjanows Datscha

Kassjanows Ansehen wird derzeit von einem Skandal getrübt, der mit dem Kauf einer Datscha zusammenhängt. Dazu sagte Starikow: „Gegen jeden Politiker, der sich jetzt in die Opposition begibt, findet sich heute kompromittierendes Material. Kassjanow ist in Bürokratie-Fragen ein erfahrender Mann. Er war vier Jahre lang Premierminister und davor fast sechs Jahre stellvertretender Finanzminister und Finanzminister. Für mich ist es absolut klar, dass rechtlich gesehen der Kauf der Datscha tadellos war. Letztendlich wird aber das Gericht entscheiden. Meine persönliche Meinung ist, und die habe ich Kassjanow gesagt, dass nach dem Gerichtsurteil die Datscha öffentlich einer Kindereinrichtung übergeben werden sollte, mit der Aufforderung an die Partei Einiges Russland, deren Führung solle dem Beispiel folgen.“ Starikow betonte, die Führungsmitglieder der Partei Einiges Russland hätten unter ganz anderen Bedingungen staatliche Datschen erhalten.

Sergej Wilhelm

DW-RADIO/Russisch, 8.12.2005, Fokus Ost-Südost