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Zentralasien: Keine wesentlichen Fortschritte in Sachen Menschenrechte

4. Juni 2009

Besonders in Usbekistan und Turkmenistan ist die Lage nach wie vor schwierig, findet Amnesty International. Besonders kritisch sieht die Organisation den russischen Einfluss in der Region.

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In Zentralasien nichts Neues. So ungefähr könnte die Schlussfolgerung lauten, die Amnesty International in seinem Ende Mai vorgelegten Bericht zur Lage der Menschenrechte weltweit gezogen hat. Nicht nur, dass aus Sicht der Organisation kaum Fortschritte zu verzeichnen sind. Es seien aufgrund der Finanzkrise sogar noch Probleme hinzugekommen. Weil die Regierungen vieler Länder Europas und Asiens sich jetzt vorrangig mit Wirtschaftsfragen befassten, gerieten Menschenrechtsfragen in den Hintergrund.

Politische, religiöse und wirtschaftliche Unterdrückung

Die Leiterin des Europa- und Zentralasien-Programms von Amnesty International, Nicola Duckworth, sagte im Gespräch mit der Deutschen Welle, die meisten ungelösten Probleme im Bereich der Menschenrechte gebe es in Turkmenistan und Usbekistan. "Das sind zwei Staaten, in denen Andersdenkende besonders unterdrückt werden, und das nicht nur politisch oder religiös, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht", unterstrich die Expertin. "Ferner ist es in beiden Ländern für Menschenrechtler sehr schwierig zu arbeiten", sagte sie und fügte hinzu, dass es in Kirgisistan, Kasachstan und Tadschikistan Vertretern von Amnesty International durchaus gelinge, mit Bürgern vor Ort zu sprechen, während in Turkmenistan und Usbekistan diese Möglichkeit nicht bestehe, da die Organisation in diesen Ländern nicht tätig sein kann.

Menschenrechtler machen im Falle Usbekistans vor allem auf den Umgang mit der Todesstrafe in dem Land aufmerksam. Seit dem 1. Januar 2009 sei die Todesstrafe zwar abgeschafft, aber es sei immer noch unbekannt, wie viele Personen von Gerichten bereits zum Tode verurteilt worden seien, und bei wie vielen Menschen die Todesstrafe inzwischen durch eine lebenslange Haftstrafe ersetzt worden sei. Die Angehörigen der meisten zum Tode Verurteilten würden nicht wissen, ob ihre Angehörigen noch lebten.

Zwar scheint die Lage in Tadschikistan besser, doch kritisch werde das Thema häusliche und sexuelle Gewalt gesehen. Ein weiteres Problem: Flüchtlingen und Asylsuchenden aus Usbekistan würde in Kirgisistan nach wie vor die Abschiebung drohen, betonen die Menschenrechtler. In Kasachstan hätten die Behörden den Druck auf Vertreter religiöser Minderheiten verstärkt. Weiterhin würden Brutalität und Amtsmissbrauch bei Vertretern kasachischer Rechtsschutzorgane immer noch unbestraft bleiben, obwohl der Staat versichert habe, für Ordnung sorgen zu wollen.

Kritik an der Rolle Russlands

Die Menschenrechtler machen zudem auf russischen Einfluss in ehemaligen Sowjetrepubliken aufmerksam. Die zentralasiatischen Staaten nähmen sich mitunter die russische Praxis zum Vorbild - zum Bedauern von Amnesty International: "Beispielsweise hat man das russische Gesetz über Nichtregierungsorganisationen in Kirgisistan übernommen, was die Arbeit von Menschenrechtlern deutlich erschwert", sagte Nicola Duckworth und fügte hinzu: "Auch ist der Einfluss Russlands auf den Stand der Ermittlungen zur Erschießung friedlicher Bürger in Andischan zu beobachten."

Nach Ansicht von Menschenrechtsorganisationen haben usbekische Sicherheitskräfte am 13. Mai 2005 in der Stadt Andischan Hunderte friedlicher Demonstranten, darunter Frauen und Kinder, erschossen. Bis heute lässt die usbekische Regierung keine unabhängige Untersuchung des Massakers zu. Duckworth unterstrich, der Europäischen Union falle es sehr schwer, die usbekischen Behörden dazu zu bewegen, die Verantwortung für das Verbrechen zu übernehmen. Erst recht, wenn ein so mächtiger Nachbar wir Russland sich für Usbekistan einsetze.

Autor: Jegor Winogradow / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Birgit Görtz