WM der Tränen
19. Juni 2010Die WM in Südafrika ist auch großes Gefühlskino: Schon bei der Hymne und auch nach einer bitteren Niederlage floss so manche Träne. Emotional ergriffen war etwa Chiles Gary Medel, Spitzname Pitbull, bei seinem WM-Debüt gegen Honduras. "Ich wollte weinen, als ich auf den Platz ging, aber ich konnte nicht weinen, weil sie sonst hinterher gesagt hätten, ich sei ein schwuler Pitbull", bedauerte Medel.
Nordkoreas Jong Tae Se konnte die Tränen nicht zurückhalten. Der Angreifer, anscheinend berührt durch die Klänge der Hymne seines Landes, schluchzte vor dem Anpfiff des Spiels gegen Brasilien hemmungslos. Sein Trainer Kim Jong Hun hatte dafür keine Erklärung. "Ich habe das nicht gesehen", sagte er ungerührt. Brasiliens Abwehrschrank Maicon brach beim 2:1 des Rekordweltmeisters gegen Nordkorea mit einem Klassetor den Bann und nahm sichtlich gerührt die Glückwünsche seiner Kollegen entgegen. Als Heulsuse wollte er aber nicht dastehen. "Mein erstes WM-Spiel und ich habe ein Tor gemacht", sagte der 28-Jährige von Inter Mailand, betonte aber: "Ich habe nicht geweint, aber ich war sehr berührt."
Feuchte Augen hatte Frankreichs Coach Raymond Domenech nach der schwachen Vorstellung der Grande Nation gegen Mexiko: "Mir fehlen noch die Worte, ich bin sehr enttäuscht und habe das alles noch nicht verkraftet." Bei Kapitän Patrice Evra kullerten die Tränen schon vor dem Anpfiff bei der "Marseillaise". Im stillen Kämmerlein hat vielleicht auch Ottmar Hitzfeld nach der Sensation seiner Schweizer Eidgenossen gegen Europameister Spanien die eine oder andere Träne verdrückt. Vielen Bayern-Fans ist noch die anrührende Szene in Erinnerung, als Hitzfeld bei seinem Abschied in München auf dem Rasen stand und herzergreifend weinte. Unvergessen auch die Tränen von Michael Ballack nach dem Halbfinal-Aus vor vier Jahren gegen Italien. Und Maradonas verheultes Gesicht, als ihm die deutsche Mannschaft 1990 den WM-Pokal wegschnappte.
Autor: Arnulf Boettcher (dpa)
Redaktion: Calle Kops