1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wer die Wahl hat - hat die Qual

Alexander Kudascheff13. Dezember 2001

Wie wird die Zukunft Europas aussehen? In Laeken treffen sich am Wochenende die Staats- und Regierungschefs der EU. Notizen von DW-TV-Korrespondent Alexander Kudascheff.

https://p.dw.com/p/1TYn

Ein festlicher Rahmen erwartet die Staats- und Regierungschefs der EU am Wochenende: sie treffen sich in Laeken, dem Schloss des belgischen Königshauses, zum traditionellen Gipfel. Und neben Afghanistan, dem europäischen Haftbefehl, der Lage im Nahen Osten. wird es in Laeken um eins gehen: um die K-Frage. Doch es handelt sich nicht um einen europäischen Kanzlerkandidaten, sondern um einen Konvent.

Er wird - das immerhin steht inzwischen fest - einberufen, damit die EU sich darüber klar wird, wie ihre Zukunft aussehen soll. Also: wer hat in Europa was zu sagen, wer hat welche Kompetenzen, was ist Sache Brüssels oder der Nationalstaaten, welche Rolle soll der Rat, die Kommission, das europäische Parlament spielen? Mit einem Satz : Europa braucht eine Verfassung. Und 62 hochrangige Parlamentarier und Beamte werden darüber streiten, wie diese Verfassung aussehen soll.

Doch wer soll den Konvent leiten? Wim Kok, der Niederländer, der Premier, der seinen Rückzug für Mitte nächsten Jahres aus der aktiven Politik angekündigt hat? Oder Jaques Delors, der legendäre französische Kommisionspräsident? Oder Giscard d'Estaing, früher Präsident in der gallischen Republik? Oder d'Amato, Italiens Ministerpräsident lange vor Berlusconi? Oder Wolfgang Schäuble, der allerdings auch für andere Fragen wieder ins Gespräch gebracht wurde?

In Europa beantworten sich solche Fragen natürlich nicht nur nach Kompetenz, denn kompetent sind alle. Sondern: ein Deutscher kann es nicht werden, schließlich war bei der Grundrechtecharta schon ein Deutscher (Herzog) am Zug. Ein Italiener kann es nicht werden, schließlich amtiert schon ein Italiener (Prodi) in der Kommission. Ein Niederländer im Amt kann es nicht werden, schließlich hat Duisenberg beim Euro das Sagen. Ein Engländer kann es nicht werden, denn niemand auf der Insel will seine splendid isolation aufgeben und übrigens mag niemand dort eine europäische Verfassung.

Also: es ist Franzose dran, d' Estaing übrigens wahrscheinlicher als Delors, der als Mann des Apparats gilt. Doch: stimmt Berlusconi Giscard d' Estaing nur zu, wenn die europäische Lebensmittelbehörde nach Parma geht statt nach Helsinki? Und was sagen dann die Finnen? Es geht also in Laeken gar nicht um den Konvent, sondern um typisch europäische Paketlösungen, also um die P-Frage. Und sie steht unter dem Motto: was gibst Du mir, wenn ich Dir meine Stimme gebe?