Weltklimakonferenz bekräftigt 1,5-Grad-Ziel
20. November 2022Die UN-Klimakonferenz hat am Sonntagmorgen einen "Scharm el-Scheich-Implementation-Plan" mit grundsätzlichen Zielen zu Klimaschutz und -finanzierung beschlossen. In diesem Text werden die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens bekräftigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber 1,5 Grad verglichen mit dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
Dafür seien sofortige und nachhaltige Senkungen der Treibhausgasemissionen erforderlich. Bis 2030 sollen diese um 43 Prozent verglichen mit dem Stand von 2019 sinken und etwa 2050 soll weltweit Treibhausgasneutralität erreicht sein. Staaten, die dies noch nicht getan haben, sollen ihre nationalen Emissionsziele bis zum Jahr 2030 nachschärfen.
Heftige Debatten hatte es bis zuletzt darum gegeben, ob erstmals die Forderung nach dem Ausbau erneuerbarer Energien in den Text aufgenommen wird. Darauf hatte unter anderem die Europäische Union gedrängt. Beschlossen wurde nun eine deutlich weichere Formulierung. Gefordert wird ein "sauberer Energie-Mix", zu dem Energieproduktion mit geringem Treibhausgasausstoß sowie erneuerbare Energien gehören sollen.
Ebenfalls beschlossen wurde ein Aktionsprogramm zur Senkung der Treibhausgasemissionen. Um die Lücke bis zum 1,5-Grad-Pfad zu schließen, sollen die Staaten bis zur nächsten Klimakonferenz im November 2023 ihre nationalen Ziele für 2030 entsprechend nachbessern.
Klimakonferenz beschließt Aufbau von Fonds für klimabedingte Schäden
In der Streitfrage, ob unter dem Dach der Vereinten Nationen ein Fonds eingerichtet wird, der arme und besonders gefährdete Länder für unabwendbare Klimaschäden entschädigt, gab es dagegen eine Einigung. Vorgesehen ist der nun getroffenen Entscheidung zufolge zunächst die Einsetzung einer Übergangs-Kommission, die Empfehlungen dazu erarbeiten soll. Darüber soll dann auf der nächsten UN-Klimakonferenz Ende 2023 in Dubai beraten werden.
Der Kommission sollen zehn Vertreter der Industriestaaten und 13 der Entwicklungsländer angehören. Nutznießer des Fonds sollen Entwicklungsländer sein, die besonders verletzlich sind, etwa durch Dürre oder Überflutungen. Diese Fokussierung auf die stark gefährdeten Staaten war zunächst umstritten. In dem Beschluss werden keine Summen für den neuen Entschädigungsfonds genannt und auch nicht, wer genau einzahlen soll. Vertagt wurde auch der Konflikt, ob Schwellenländer mit hohen Emissionen und starker Wirtschaftskraft wie China ebenfalls zu den Einzahlern gehören sollen.
Ein Scheitern der Konferenz schien im Lauf dieses Samstags nicht ausgeschlossen. EU-Kommissionsvize Frans Timmermans und die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock warnten, dass sie notfalls auch ein Platzen des zweiwöchigen Treffens in Scharm el Scheich in Kauf nehmen würden.
"Wir werden keinen Vorschlägen zustimmen, die das 1,5-Grad-Ziel zurückdrehen", stellte Baerbock nach nächtlichen Verhandlungen klar. Und Timmermans sagte, gewisse rote Linien werde der Staatenverbund nicht überschreiten. "Es ist besser, kein Ergebnis zu haben als ein schlechtes."
2015 hatte die Weltgemeinschaft in Paris vereinbart, die Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Die Welt hat sich nun schon um gut 1,1 Grad erwärmt. Ein Überschreiten der 1,5-Grad-Marke erhöht nach Warnungen der Wissenschaft deutlich das Risiko, sogenannte Kippelemente im Klimasystem und damit unkontrollierbare Kettenreaktionen auszulösen.
Die Weltklimakonferenz, zu der etwa 34.000 Teilnehmer angereist sind, war am Freitagabend in die Verlängerung gegangen. COP-Präsident Samih Schukri sagte am Morgen danach: "Es gibt ein gleiches Maß an Unzufriedenheit von allen Seiten." Der Frage nach einem möglichen Scheitern wich er aus. "Jede Partei hat das volle Recht, sich einem Konsens anzuschließen oder nicht anzuschließen."
Angesichts der Verzögerungen und einem Verhandlungsprozess, den Teilnehmer als chaotisch beschrieben, wuchs auch die Kritik an den Gastgebern. COP-Präsident Schukri gestand den Unmut der Teilnehmer am Samstag zwar ein, spielte den Ball aber zurück und sagte, die Verantwortung für eine Einigung liege bei den Ländern.
uh/hf/qu/ack (dpa, afp)