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Was der Krieg lehrt

Fu Yue 24. April 2003

China vermittelt derzeit im Streit zwischen den USA und Nordkorea um das Atomprogramm Pjöngjangs. Die Rolle ist nicht unumstritten: China selbst ist stets bemüht, militärisch nicht den Anschluss zu verlieren.

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Die "High-Tech-Truppe" tritt anBild: AP

Seit gut einem Jahrzehnt steht die so genannte Volksbefreiungsarmee Chinas in einem radikalen Modernisierungsprozess - weg von der Massenarmee mit drei Millionen Soldaten hin zur personell verkleinerten, hoch qualifizierten High-Tech-Truppe.

Bereits der Golfkrieg von 1991 sandte Schockwellen durch die Reihen der chinesischen Militärführung: Auf Fernsehbildschirmen mussten sie mit ansehen, wie mit präzisen Bomben ganze Panzerverbände vernichtet oder komplette militärische Anlagen zerstört wurden. Die Überlegenheit von Hochtechnologien in der Kriegsführung war offensichtlich. Die chinesische Armee zog daraus die logische Schlussfolgerung und setzte eine umfassende Modernisierung in Gang.

Chinas Schwächen

Robert Karniol ist Asien-Experte der renommierten Rüstungsfachzeitschrift "Jane's Defence Weekly" und hat diesen Prozess beobachtet. "Nach dem ersten Golfkrieg haben die Chinesen eine neue militärische Doktrin eingeführt nämlich die Doktrin des auf der Basis von Hochtechnologie geführten lokalen Krieges", berichtet er. Diese Doktrin bestimme seither die Entwicklung des chinesischen Militärs.

Um sie erfolgreich anzuwenden, kommt es freilich auf viele Faktoren an. Wie qualifiziert sind die Soldaten? Welches Bildungsniveau haben sie? Wie werden sie trainiert? Welche Struktur hat die Armee und wie wird sie von der Logistik unterstützt? Dies seien nur einige Faktoren, die stimmig sein müssen, damit die Technologie erfolgreich angewendet werden kann, so Karnial. Doch "die chinesische Armee hat dabei überall Schwächen", weiß der Experte.

Mehr Drohkulisse als reale Gefahr

Auch der jüngste Golfkrieg wird den chinesischen Militärstrategen zu denken geben. Dies gilt insbesondere für die Effektivität der rund 400 Raketen, die China auf die aus seiner Sicht "abtrünnige Provinz" Taiwan gerichtet hat. Obwohl jeden Monat neue Raketen an der Küste der chinesischen Provinz Fujian aufgestellt werden, glaubt Karniol auf Grund der Erfahrungen des Irakkriegs, dass diese Waffen nicht ausreichend seein für eine Militäraktion gegen Taiwan.

"Natürlich sind Raketen eine Bedrohung. Egal, ob eine oder 400, sie können einen großen Schaden anrichten. Aber man muss sehen, dass die Amerikaner in diesem Krieg gegen Irak zwei oder drei mal so viele Marschflugkörper abgefeuert haben, wie China an strategischen Raketen auf Taiwan gerichtet hat." Darüber hinaus hätten die Amerikaner die absolute Kontrolle über den irakischen Luftraum gehabt und zahlreiche präzise Lenkbomben abgeworfen. Trotzdem konnten sie das irakische Regime so nicht zur Kapitulation zwingen. Es wurden zusätzlich Bodentruppen gebraucht, um das Land unter Kontrolle zu bringen.

Raketen reichen nicht

Nach Meinung Karniols hat China zwar die Fähigkeit, mit seinen Raketen einen großen Schaden in Taiwan anrichten zu können. "Aber sie können damit keinen Krieg gewinnen", sagt er. "Es kann aber nicht das Ziel Pekings sein, wenn es zum Krieg kommt, Schaden zu verursachen. Ihr Ziel wäre zu siegen, zu gewinnen. Allein mit Raketen würden sie den Sieg nicht erringen." Auch wenn die Taiwan-Frage nicht der einzige Faktor bei der Modernisierung der chinesischen Armee ist - sie ist ein maßgebliches Element.

China hat Taiwan wiederholt mit einem militärischen Angriff gedroht, sollte sich die Insel für unabhängig erklären. China schaut bei seiner Modernisierung auch noch weiter weiter in die Zukunft. Experten unterstellen der chinesischen Regierung, das Land mittelfristig als dominante Kraft in der Region etablieren zu wollen. Langfristig strebe China sogar Weltmachtstatus an - ähnlich den USA. Wobei man wissen muss, dass "mittelfristig" aus chinesischer Sicht ungefähr 50 und "langfristig" etwa 100 Jahre bedeutet.