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Zur Frankfurter Buchmesse: 7 neue Filmbücher

Jochen Kürten
19. Oktober 2016

Die Frankfurter Buchmesse ist immer auch eine große Schau der Sachbücher. Vom Kochbuch bis zu Ratgebern jeglicher Couleur ist alles vertreten. Wir empfehlen hier sieben Bücher über das Kino.

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Filmstill aus der Neuverfilmung von 'King Kong'
Angst vor "King Kong", Szene aus der Neuverfilmung von 1976, Adolf Hitler war ein Fan der Verfilmung von 1933Bild: picture alliance/Mary Evans Picture Library/Ronald Grant Archive
Cover des Buches Magische Momente von Rainer Gansera

1.  Für Einsteiger: Magische Momente

Was macht den Reiz des Kinos aus? Warum fasziniert es uns auch nach über 120 Jahren noch so nachhaltig? Und: Worin liegt der "Zauber des besonderen Moments?" Antworten auf diese Fragen gibt Rainer Gansera in seinem Buch "Magische Momente - 75 Meisterwerke der Filmkunst". Gansera, einer der elegantesten Autoren der deutschen Filmpublizistik, hat zusammengetragen, was ihn ganz persönlich fasziniert hat im Kino. Man stößt bei der Auswahl der Filme nicht auf große Überraschungen, was kein Nachteil sein muss. Fast alle Werke, in die Gansera sich verliebt hat, gehören zum Kanon der Filmgeschichte, angefangen von "Metropolis" und "Moderne Zeiten" bis hin zu "Pulp Fiction" und "Lola rennt". In kurzen, prägnanten Skizzen erzählt uns Gansera, was für ihn das Besondere dieser Filme ausmacht, eben jenen magischen Moment, "ein Bild, eine Geste oder Szene, die sich dem Gedächtnis besonders einprägt und lang nachgewirkt" hat.

Rainer Gansera: Magische Momente - 75 Meisterwerke der Filmkunst, Schüren Verlag, 160 Seiten, ISBN 978-3-89472-719-2.

Cover des Buches Filmgeschichte Band 2 Vom Neorealismus bis zu den neuen Wellen

2.  Für Fortgeschrittene: Filmgeschichte I

Über das Kino existieren - im Gegensatz etwa zur Literatur- oder Kunstgeschichte - nicht eben viele Gesamtdarstellungen. Wer sich heutzutage eine Filmgeschichte kauft, der muss sich zum Teil mit schon vor Jahrzehnten erschienenen Ausgaben zufriedengeben. Umso erfreulicher, dass der Filmbuchverlag Schüren derzeit eine dreibändige neue Filmgeschichte herausgibt, nicht chronologisch, aber sehr breit aufgefächert. Band 2, der die Jahre 1945 bis 1968 abdeckt, hat neben anderen auch den italienischen Neorealismus und die filmischen Erneuerungsbewegungen der 1960er Jahre im Blick, deren bekannteste die französische Nouvelle Vague sein dürfte. Großartig an diesem umfangreichen Buchprojekt, das im Umfeld der Uni Zürich entsteht, ist aber vor allem, dass hier auch auf weniger bekannte Strömungen des internationalen Kinos eingegangen wird - etwa den jugoslawischen oder den brasilianischen Film.   

Vom Neorealismus zu den Neuen Wellen - Einführung in die Filmgeschichte 2, Thomas Christen (HG.), Schüren Verlag, 516 Seiten, ISBN 978-3-89472-497-9.

Cover des Buches Filmgeschichte Band 3 New Hollywood bis Dogma 95

3.  Auch für Fortgeschrittene: Filmgeschichte II

Der Folgeband eben jener Kinogeschichte schließt an den Aufbruch der filmischen Neuerungsbewegungen in Frankreich, Deutschland oder auch Jugoslawien und Brasilien an. In den USA emanzipierte sich das New Hollywood-Kino vom Hollywood-Establishment. Das französische Kino schlug nach Truffaut und Godard eine neu Richtung ein, in Deutschland wandten sich die Regisseure dem RAF-Terror zu. So wurden Filmemacher wie Fassbinder, Wenders und Herzog zu Stars des internationalen Kinos. Doch in diesem Band kann man sich auch gut über weniger bekannte Kinematografien informieren: Länder wie Iran oder die Staaten Lateinamerikas stehen neben klassischen Kinonationen. Das Kino ist eine Geschichte der Wellenbewegungen, ein Kampf der Generationen, das wird hier einmal mehr deutlich. Und so endet dieser dritte Teil der Filmgeschichte mit zwei neuen Aufbrüchen: dem Dogma-Kino der Dänen und dem US-Independent-Film.

New Hollywood bis Dogma 95 - Einführung in die Filmgeschichte 3, Thomas Christen/Robert Blanchet (HG.), Schüren Verlag, 518 Seiten, ISBN 978-3-89472-498-6.

Buchcover Benjamin Moldenhauer: Ästhetik des Drastischen - Welterfahrung und Gewalt im Horrorfilm

4.  Für Spezialisten: Ästhetik des Drastischen

Wer sich irgendwann mit jungen Jahren für das Kino begeistert hat oder wer als Vater Kinder zu erziehen hat, der ist dem Phänomen wahrscheinlich schon einmal begegnet: der Lust, sich dem Grauen des Horrorfilms auszusetzen. Mag sein, dass das vor allem das männliche Geschlecht betrifft, doch das Phänomen ist weit verbreitet. Und so ist Benjamin Moldenhauers Studie "Ästhetik des Drastischen - Welterfahrung und Gewalt im Horrorfilm" auch nicht die erste Untersuchung dieses filmischen Genres. Doch sie ist auf dem neuesten Stand. Und zudem tiefschürfend und faktengesättigt. Wer also schon immer mal wissen wollte, was die Höhlenbilder von Lascaux, frühe Kreuzigungsdarstellungen oder die Gemälde eines Francis Bacon mit Filmen wie "Blutgericht in Texas" oder "Das letzte Haus links" zu tun haben, der bekommt in dem nun vorliegenden Band erschöpfende Antworten. 

Benjamin Moldenhauer: Ästhetik des Drastischen - Welterfahrung und Gewalt im Horrorfilm, Bertz + Fischer Verlag, 358 Seiten, ISBN 978-3- 86505-326-8.

Cover des Buches Film-Konzepte Band 43: Francois Ozon

5.  Für Frankophile: François Ozon

Rechtzeitig zum Start von "Frantz", dem neuen, wunderschönen Film von François Ozon, kann sich der deutsche Leser jetzt intensiver mit dem Œuvre des französischen Regisseurs beschäftigen. In der Reihe "Film-Konzepte" sind es meist nicht mehr als ein halbes Dutzend kurze, prägnante Essays, die um Motive und Themen der Filme der jeweiligen Regisseure kreisen. Band 43 also ist nun Ozon gewidmet, einem der Stars des französischen Autorenfilms. Ozon, Jahrgang 1967, hat in seiner bisherigen Karriere schon die verschiedensten Genres bedient. Und doch kreisen seine Filme vor allem immer wieder um faszinierende Frauengestalten. Die werden von Schauspielerinnen wie Charlotte Rampling gespielt (worauf ein Autor ausführlich eingeht); wechseln das Geschlecht (wie in "Un Nouvelle Amie") oder verändern ihre Beziehung zur Sexualität ("Jung und Schön"): "Das Universum dieser Filme deutet die Möglichkeit anderer Verhältnisse zwar an, vergisst dabei aber nie das dominante Erbe der etablierten Geschlechter- und Machtverhältnisse", schreibt Herausgeber Johannes Wende.

François Ozon, Filmkonzepte 43, Johannes Wende (HG.), Verlag edition text + kritik, 106 Seiten, ISBN 978-3-86916-511-0.

Cover des Buches Film-Konzepte Band 44 Leni Riefenstahl

6.  Für historisch Interessierte (I): Leni Riefenstahl

Um Machtverhältnisse geht es in dem anderen soeben erschienenen Band der Reihe "Film-Konzepte" ganz explizit. Er ist Leni Riefenstahl gewidmet, auch 13 Jahre nach ihrem Tod noch eine höchst umstrittene Künstlerin. Über Riefenstahl ist schon viel geschrieben worden, zuletzt hatte Rainer Rother kurz vor dem Tod der Regisseurin noch eine detaillierte Biografie vorgelegt. So bemühen sich die Autoren des nun vorliegenden Bandes auch um neue Einsichten und Fragestellungen. Da wird beispielsweise der Einfluss des Tanzes auf die Körperbilder der Riefenstahl untersucht - die Berlinerin begann ihre Karriere ja bekanntlich als Tänzerin - oder die Strahlkraft der von ihr exzessiv eingesetzten filmischen Großaufnahme analysiert. Andere Aufsätze kreisen um den Einsatz der Musik im NSDAP-Parteitagsfilm "Triumph des Willens". Ganz bestimmt neu dürfte der Ansatz eines Autoren sein, der (unfreiwilligen) Komik im Propagandafilm "Sieg des Glaubens" nachzuspüren. Leni Riefenstahl, das ist sicher, wird auch nach dieser Monografie eine höchst umstrittene "Ideologin des Schönen" (Jörg von Brincken) bleiben.

Leni Riefenstahl, Filmkonzepte 44, Michaela KrützenFabienne Liptay und Johannes Wende (HG.), Verlag edition text + kritik, 106 Seiten, ISBN 978-3-86916-515-8.
7.  Für historisch Interessierte (II): Hitlers Lieblingsfilme

Cover des Buches "Warum Hitler King Kong liebte aber den Deutschen Micky Mouse verbot" von Volker Koop

Hitlers Generäle, Hitlers Frauen (zu denen ja auch Leni Riefenstahl gehörte) oder Hitlers Helfer - all das ist in den letzten Jahren zu Genüge durchdekliniert worden. Hitler und das Kino, das war bisher noch eine Leerstelle der Historiker. Volker Koop hat sie nun geschlossen mit seinem Buch "Warum Hitler King Kong liebte, aber den Deutschen Micky Maus verbot - Die geheimen Lieblingsfilme der Nazi-Elite". Dort erfährt der Leser auch von der "Faszination Hitlers für das neue Medium Film" bereits in frühen Jahren und seinem ungebändigten Appetit auf neue Filme buchstäblich bis zum letzten Friedenstag: "Einer seiner Lieblingsfilme war King Kong, bekanntlich die Geschichte eines riesigen Affen, der eine menschliche Frauenfigur, nicht größer als seine Hand, liebt und darüber zum Berserker wird", so sein früher Vertrauter Ernst Hanfstaengl. Hitler, so Volker Koop liebte insbesondere auch Filme aus Hollywood, die ließ er sich in seinem Privatkino vorführen, zumeist Werke, die er "seinem" Volk vorenthielt, weil sie kein deutsches Kulturgut waren. Ein typischer Fall von Doppelmoral. Dazu gehört auch "Micky Mouse", denn Hitler schätzte die Disney-Filme sehr. "Ich schenke dem Führer 30 Klassefilme der letzten 4 Jahre, 18 Micky-Mouse-Filme (…). Er freut sich sehr darüber, ist ganz glücklich über diesen Schatz, der ihm hoffentlich viel Freude und Erholung spenden wird", notierte sein Propagandaminister Joseph Goebbels anlässlich eines Geburtstages Hitlers. 

Volker Koop: Warum Hitler King Kong liebte, aber den Deutschen Micky Maus verbot - Die geheimen Lieblingsfilme der Nazi-Elite, be.bra Verlag, 256 Seiten, ISBN 978-3-89809-125-1