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Obama lädt Uhren-Ahmed ein

17. September 2015

Erst wurden ihm seine Basteleien zum Verhängnis, nun hat ihn US-Präsident Obama eingeladen: Ein Schüler wurde festgenommen, weil er eine Uhr gebaut hatte. Mit seiner Religion soll das nichts zu tun gehabt haben.

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Ahmed Mohamed (Foto: AP)
Bild: Picture-Alliance/AP Photo/V. Bryant

Für einen muslimischen Teenager in den USA hat ein höchst unerfreuliches Erlebnis eine gute Wendung genommen: Nach seiner Festnahme erhielt Ahmed Mohamed Einladungen von Google, Facebook und dem US-Präsidenten. Doch der Reihe nach: Zunächst war der Schüler aus Irving im US-Bundesstaat Texas, wegen seiner Begeisterung für Elektro-Basteleien in Handschellen aus dem Unterricht abgeführt worden. Der Neuntklässler hatte aus mehreren Bauteilen eine große Uhr zusammengeschraubt, deren Drähte und Schaltteile aus seinem Schulranzen ragten - und die während der Stunde piepte.

Ahmeds Englischlehrerin dachte, ihr Schüler habe eine Bombe gebaut und alarmierte Direktor und Polizei. Ahmeds Beteuerungen waren vergebens. Er wurde abgeführt, von sechs Polizisten vernommen, ihm wurden Fingerabdrücke abgenommen und er wurde stundenlang festgehalten.

Die "Dallas Morning News" zeigten ein Video des Jungen, der in seinem Zimmer, das einem Elektrolager gleicht, ernst in die Kamera spricht. Ahmed sagte, er liebe das Basteln. In der Middle School war er Mitglied des Roboterclubs. "Jetzt, an der High School, weiß keiner so richtig, was ich mache", sagte er. Er schraube einfach wie früher an Sachen. "Mein Hobby ist es, Sachen zu erfinden." Er habe mit dem selbstgebauten Wecker lediglich seine Lehrer beeindrucken wollen, als er diesen am Montag mitgebracht habe. Wie nachhaltig er dieses Ziel erreichen würde, dürfte er sich nicht ausgemalt haben.

US-Präsident Barack Obama findet Ahmeds Uhr cool (Foto. ABACAPRESS)
US-Präsident Barack Obama findet Ahmeds Uhr coolBild: picture-alliance/dpa/P. Marovich

Ahmeds aus dem Sudan eingewanderter Vater sagte: "Ahmed möchte gute Sachen für die Menschen erfinden. Aber weil er Mohamed heißt und auch wegen des 11. September, ist er schlecht behandelt worden."

"Baue weiter, Ahmed!"

Die Festnahme sorgte für Empörung. Im Kurznachrichtendienst Twitter wurde am Mittwoch ein Foto des 14-Jährigen in Handschellen innerhalb von Stunden tausendfach weiterverbreitet, Mohameds Schule und der Polizei in dem Ort Irving wurde Islamfeindlichkeit vorgeworfen und dem Jugendlichen eine Welle der Solidarität entgegengebracht.

Mohamed mit seinem Vater Mohamed Elhassan (Foto: AP)
Mohamed mit seinem Vater Mohamed ElhassanBild: Picture-Alliance/AP Photo/B. Wade

US-Präsident Barack Obama stellte sich demonstrativ auf die Seite des Jungen und lud ihn ins Weiße Haus ein. "Coole Uhr, Ahmed. Willst Du sie ins Weiße Haus bringen?", schrieb der Präsident im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er fügte hinzu, die USA sollten "mehr Kinder wie Dich" dazu anspornen, sich für die Wissenschaft zu interessieren. "Das ist es, was Amerika groß macht".

Zuspruch erhielt der junge Bastler auch von Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton: "Unterstellungen und Angst schützen uns nicht - sie bremsen uns. Bleibe neugierig und baue weiter, Ahmed", twitterte die ehemalige Außenministerin. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg rief Ahmed auf "weiter zu bauen" und erklärte: "Ich würde Dich gerne treffen." Der vermeintliche Bombenbauer erhielt auch Einladungen der NASA, der Elite-Universität MIT, von Twitter und Google.

Der Rat für Amerikanisch-Islamische Beziehungen kritisierte das Vorgehen der Schule. Dieses sei vor allem angesichts der politischen Stimmung in Irving verdächtig, sagte ein Sprecher. Irvings Bürgermeisterin Beth Van Duyne hatte kürzlich behauptet, Muslime wollten in den USA das islamische Recht der Scharia einführen.

"Sehr verdächtig"

Dem Jugendlichen drohte zunächst ein Verfahren wegen Baus einer Bombenattrappe. Irvings Polizeichef Larry Bond sagte später jedoch, die Ermittlungen würden eingestellt, da hinter dem Bau der Uhr keine "bösartige Absicht" stehe. Gleichzeitig wies Bond alle Vorwürfe gegen die Polizei zurück: Die Beamten hätten auch bei einem Nicht-Muslim so reagiert, die Uhr hätte "sehr verdächtig" ausgesehen. Auch dass Ahmed in Handschellen abgeführt und zum Verhör in eine Jugendstrafanstalt gebracht wurde, sei gängige Praxis.

Die Angst vor Terror und Anschlägen nimmt in den USA mitunter extreme Züge an. Fast jede Schule hat ein festes Ablaufprotokoll für Zwischenfälle. Ahmed durfte drei Tage lang nicht zur Schule gehen. Er hat geschworen, nie mehr eine Erfindung mit zur Schule zu nehmen.

stu/rb (afp, ap, dpa)