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Unser Gast vom 12.07.2009 Norbert Bisky, Künstler

Hajo Schumacher befragt Norbert Bisky zu seinem künstlerischen Werdegang, seinem Familienleben in der DDR und nach der Wende.

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Norbert Bisky ist einer der wichtigsten und erfolgreichsten deutschen Maler der Gegenwart. Er wurde 1970 in Leipzig geboren und ist der Sohn des bundesweit bekannten Politikers der Linkspartei Lothar Bisky.

Aufgewachsen in der sozialistischen DDR, setzte er sich in seinen frühen Arbeiten mit der Bildsprache des Kommunismus auseinander.

Seine häufig großformatigen, grell bunten Bilder zeigen einen Kosmos voller Gewalt. Auch in seiner aktuellen Serie "Colaba" über die Terroranschläge im indischen Mumbai vom November 2008 setzt sich der Künstler mit dem Thema Gewalt auseinander. Er selbst wäre beinah Opfer der Anschläge geworden, als er sich in Mumbai aufhielt, um eine Ausstellung vorzubereiten. Seine Arbeiten erzielen inzwischen Höchstpreise auf dem internationalen Kunstmarkt.

Nobert Bisky entstammt einer Familie von überzeugten Kommunisten und wurde nach eigenem Bekunden auch kommunistisch erzogen. Sein Vater war in der sozialistischen DDR Direktor der Filmhochschule "Konrad Wolff" in Potsdam, und später langjähriger Vorsitzender der Partei "PDS". Seine Mutter, die Kultursoziologin Almuth Bisky, war im Kulturministerium der DDR beschäftigt und arbeitete auch als Inoffzielle Mitarbeiterin (IM) für die Staatssicherheit.

Mauerfall als Stunde "Null"

Als die Mauer fiel, hatte Norbert Bisky gerade das Abitur gemacht und leistete seinen Wehrdienst bei der Nationalen Volksarmee. Gleichzeitig musste er jedoch nicht mehr gegen die Eltern rebellieren, denn das habe die Geschichte gemacht.

Der Mauerfall war auch für Norbert Bisky eine Stunde "Null". Alte Lebenspläne, ausgerichtet auf die DDR, wurden über Nacht Makulatur. In dieser allgemeinen Verunsicherung folgte er nicht den wohlmeinenden Ratschlägen vieler Altersgenossen. Statt eines vermeintlich soliden BWL- oder Jura-Studiums entschied er sich mit 23 für die Kunst. Wie viele Ostdeutsche nutzte er nach der Wende außerdem die neue Freiheit, um ausgiebig zu reisen und die Welt kennen zu lernen.

Kunst als Berufung

Ab 1993 besuchte er zunächst die Freie Kunstschule in Berlin. Anschließend, von 1994 bis 1999, studierte er an der Berliner Hochschule der Künste in der Klasse von Georg Baselitz, dessen Meisterschüler er 1999 wurde. Als einziger Student aus dem Osten Deutschlands fühlte er sich dort jedoch als Außenseiter – auch in künstlerischer Hinsicht. Seine oft heroisch und totalitär wirkenden Bilder polarisierten von Anfang an das Publikum, trafen aber den Nerv der Zeit. Den Professoren galten seine Werke zunächst als provozierend, weil er mit Vorliebe große, blonde Jünglinge mit blauen Augen und athletischen Körpern malte. Biskys Bilder erinnern an die sozialistische Propaganda der kommunistischen Regime. Nach eigenen Aussagen ließ der Maler seine ostdeutsche Biographie und den "Kulturmüll der russischen Kolonie DDR" in seine Werke einfließen. In poppigen Farben beschwor er dabei Klischees wie Pioniergeist, Freundschaft, Disziplin, Fröhlichkeit und Wehrhaftigkeit und thematisierte mit seiner ironischen Version der DDR-Staatskunst die Heile-Welt-Lebensmodelle diktatorischer Gesellschaften. Kritiker warfen ihm deshalb Schönfärberei und zynischen Spaß mit den Schrecken der Diktatur vor.

Bei einer Gruppenausstellung in der Kunsthochschule wurden erste Galeristen auf den Künstler aufmerksam. Erste Erfolge in der steilen Karriere markierten die Kunstmesse "Art Cologne" im Herbst 2000 und eine erste Einzelausstellung in Berlin 2001. Bis dahin musste sich Norbert Bisky mit Nachtschichten in Altenheimen, dem Austragen von Werbezetteln oder als Barkeeper durchschlagen. Er sagt jedoch, all diese Erfahrungen haben ihm für seine Kunst geholfen.

Internationale Anerkennung

Schon bald wuchs die Nachfrage nach seinen Werken derart rapide, dass er mit der schwer korrigierbaren Technik, seine großformatigen Ölgemälde ähnlich wie Aquarelle zu malen, kaum nachkam. Seine Hauptwerke erzielen Preise von bis zu 60.000 Euro. Dabei spielte er virtuos mit den Traditionen der Kunstgeschichte. Kunst hat nach seiner Ansicht damit zu tun, dass man Dinge infrage stellt. Inzwischen hat der Künstler Ausstellungen auf der ganzen Welt. Von New York bis Madrid und von Korea bis Israel. Heute gilt der 38-Jährige als einer der wichtigsten deutschen Maler der jüngeren Generation.

Norbert Bisky hat außerdem ein Kunstprofessur in Genf (Schweiz).

Schicksalsschläge

Neben seinem rasanten künstlerischen Aufstieg musste Norbert Bisky jedoch auch massive Schicksalsschläge hinnehmen. So starb 2008 sein jüngerer Bruder. Außerdem entkam er zusammen mit seinem Galeristen Andreas Osarek bei der Vorbereitung einer Ausstellung in Mumbai/Indien nur knapp den Anschlägen auf das Hotel Taj Mahal. Doch auch solche Schicksalsschläge verarbeitet der Künstler produktiv. In seiner jüngsten Bilder-Serie beschäftigt er sich unter dem Titel "Colaba" (benannt nach dem gleichnamigen Stadtteil von Mumbai) mit dem Horror des Attentats.

Einen ersten Eindruck der neuen Serie vermitteln Bilder auf seiner Webseite (siehe Link unten).