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Kurdenpartei in türkische Regierung eingeladen

26. August 2015

In der Türkei steht zum ersten Mal die Regierungsbeteiligung einer Kurdenpartei bevor - wenngleich nur übergangsweise. Bei der Neuwahl im November ist ein weiterer Triumph für die pro-kurdische HDP zu erwarten.

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Der türkische Premierminister Ahmet Davutoglu (Foto: ADEM ALTAN/AFP/Getty Images)
Bild: Getty Images/AFP/A. Altan

Ministerpräsident Ahmet Davutoglu (Bild oben) hat offizielle Schreiben an drei Abgeordnete der pro-kurdischen HDP geschickt und sie um ihre Beteiligung an der Übergangsregierung gebeten, so eine Meldung der Nachrichtenagentur Anadolu. Diese soll bis zu den Neuwahlen am 1. November das Land regieren. AKP-Politiker Davutoglu lud insgesamt elf Parlamentarier der Opposition in die Regierung ein - die Schreiben gingen auch an fünf Politiker der sozialdemokratische Partei CHP sowie drei Parlamentarier der rechtsgerichteten MHP.

Davutoglu schickte Einladungen an relativ unbekannte HDP-Politiker, die nicht im Ruf stehen, einen starken kurdischen Nationalismus zu vertreten: Den früheren Beamten Ali Haydar Konca, den aus der politischen Linken kommenden Levent Tüzel sowie Müslüm Dogan, einen Vertreter der alevitischen Minderheit.

HDP sichert Regierungsbeteiligung zu

Die Übergangsregierung muss bis zum Wochenende stehen. Ihr sollen laut Verfassung Politiker aller im Parlament vertretenen Parteien angehören. Die HDP hatte sich in den vergangenen Tagen bereit erklärt, an der Übergangsregierung teilzunehmen. Die CHP und die MHP hatten hingegen bekannt gegeben, dass sie auf eine Beteiligung verzichten würden. Offiziell haben die Oppositionspolitiker bis Donnerstagabend Zeit, sich zu entscheiden. Sollten sie die Einladung nicht annehmen, werden ihre Plätze verfassungsgemäß an unabhängige Kandidaten außerhalb des Parlaments gehen.

Nach einer regulären Parlamentswahl im Juni waren Davutoglu und seine Partei AKP daran gescheitert, eine Regierungskoalition zu bilden. Damals war die AKP zwar stärkste Partei geblieben, hatte aber nach zwölf Jahren erstmals die absolute Mehrheit eingebüßt. Nun kommt es im November zu einer Neuwahl.

Umfrage: AKP weiter ohne absolute Mehrheit

Die AKP verlor ihre Regierungsmehrheit auch durch den Einzug der erst 2012 gegründeten HDP – diese hatte bei der Wahl die Zehnprozenthürde übersprungen. Dies war gerade für Präsident Recep Tayyip Erdogan (AKP) bitter. Ohne eine Mehrheit im Parlament konnte er Pläne, die Verfassung zu ändern und die Macht des Präsidenten weiter auszubauen, vorerst nicht umsetzen.

Einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Metropoll zufolge kann die AKP auch im November vorraussichtlich nicht die absolute Mehrheit erringen. Die Partei kommt bei der Erhebung auf 41,7 Prozent aller Stimmen – eine nur kleine Verbesserung verglichen mit den 40,9 Prozent der Parlamentswahl vom Juni. Die CHP wäre der Umfrage gemäß weiter zweitstärkste Kraft im Parlament – sie liegt bei 25,5 Prozent, knapp über den Ergebnissen der Juni-Wahl (25,0 Prozent). Die nationalistische MHP liegt bei 15,7 – ein Verlust im Vergleich zum Juni (16,3 Prozent). Die HDP legte laut Metropoll-Institut deutlich zu (14,7 Prozent im Vergleich zu 13,1 Prozent bei der Wahl im Juni).

Die Regierungsbildung wird vorraussichtlich im November wieder schwierig werden. "Es sieht so aus, als ob sich aus der vorgezogenen Wahl keine andere politische Lage ergeben wird als nach der Wahl vom 7. Juni", erklärte der Leiter des Metropoll-Instituts, Özer Sencar.

mb/fab (afp, rtr)