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Teheran will sein Uran-Programm wieder anlaufen lassen

1. August 2005

Der Iran hat angekündigt, seine Uran-Verarbeitung wieder aufzunehmen. Denn die EU habe nicht rechtzeitig Kompromissvorschläge im Atomstreit vorgelegt. Das sehen Deutschland, Frankreich und Großbritannien etwas anders.

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Kommen die Kompromissvorschläge der EU zu spät?Bild: AP

Im November 2004 hatte der Iran seine Uran-Verarbeitung ausgesetzt - jetzt soll am Montagabend (1.8.2005) die Atomanlage in Isfahan wieder in Betrieb gehen. Der Oberste Nationale Sicherheitsrat in Teheran beschloss am Sonntag nach dreistündiger Beratung, das umstrittene Atomprogramm solle wieder aufgenommen werden. Am Montagmittag ging ein entsprechendes Schreiben des Iran bei der internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) ein.

Iran Atomkraftwerk im Süden des Landes undatiertes Foto Uran Atomstreit
Die Atomanlage in Isfahan soll wieder in Betrieb gehenBild: dpa

Vor der Entscheidung des Sicherheitsrates hatte Teheran die drei EU-Verhandlungspartner Deutschland, Frankreich und Großbritannien aufgefordert, im Streit um das Atomprogramm neue Lösungsvorschläge vorzulegen. Ansonsten werde der Iran einen Teil seiner Atomaktivitäten wieder aufnehmen, hatte der Sprecher des iranischen Sicherheitsrats, Ali Aqamohammadi, angekündigt.

Was heißt "Anfang August"?

Die verlangten Vorschläge hatten die drei EU-Länder auch schon in Arbeit. Doch offenbar gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, bis wann die Pläne hätten vorgelegt werden müssen. Schon vor der Entscheidung des iranischen Sicherheitsrates hatten Deutschland, Frankreich und Großbritannien erklärt, am 7. August einen Lösungsvorschlag zu präsentieren.

Dieser Termin liege voll im Zeitplan, hieß es von Diplomaten. Am 25. Mai 2005 habe man in Genf vereinbart, Ende Juli/Anfang August einen Vorschlag zur Beilegung des Konflikts zu unterbreiten. Der neue Vorschlag solle dann am 30. August in Paris und im September in der UN-Vollversammlung diskutiert werden. Irans Außenministeriumssprecher Resa-Hamid Assefi erklärte dagegen: "Wir haben den Europäern bei dem Treffen in London (am 20. Juli 2005) erklärt, dass der 1. August für uns letzter Termin ist." Laut dem Obersten Nationalen Sicherheitsrat ist das Ultimatum sogar bereits am Sonntag ausgelaufen.

Uran ja, aber keine Anreicherung

Chatami besucht Uran-Anreicherungsanlage Iran Uran Atomstreit
Irans Präsident Mohammad Chatami zu Besuch in der Uran-Anreicherungsanlage von IsfahanBild: dpa

In der Anlage von Isfahan kann der Rohstoff Uran in das gasförmige Uranhexafluorid verwandelt werden - es ist ein Ausgangsstoff für angereichertes Uran. Der iranische Außenamtssprecher Assefi sagte jedoch vor der Presse: "Die Anlage von Isfahan dient nicht der Uran-Anreicherung." Der stellvertretende Chef der iranischen Atomenergiebehörde,
Mohammed Saaidi, bestätigte das.

Der Iran fühle sich weiterhin verpflichtet, die Urananreicherung auszusetzen, betonte Assefi. Deshalb werde man auch die Aktivitäten in der zentraliranischen Atromfabrik Natanz nicht wieder aufnehmen, die als Ort der eigentlichen Uran-Anreicherung gilt. Außerdem würde die teilweise Wiederaufnahme des Atomprogramms unter voller Aufsicht der internationalen Atomenergiebehörde stehen.

EU will weiterverhandeln

Dass der Iran wieder mit der Uran-Verarbeitung beginnen will, sehen seine europäischen Verhandlungspartner kritisch. Das britische Außenministerium warnte, eine Wiederaufnahme der Uran-Anreicherung "wäre ein unnötiger und schädlicher Schritt seitens des Iran". Frankreich bezeichnete den Druck der iranischen Regierung als "völlig inakzeptabel".

Bundesaußenminister Joschka Fischer bestätigte am Sonntagabend, er und seine Kollegen aus Großbritannien und Frankreich wollten "weiter verhandeln und dazu einen Vorschlag vorlegen". Zugleich warnte er: "Ich hoffe, dass es hier zu keiner Fehleinschätzung der iranischen Seite kommt."

Laut Agha Mohammadi ist auch der Iran zu Gesprächen bereit, falls die Europäer ihm das Recht zur Urananreicherung zugestehen oder Vorschläge zur Uranumwandlungsanlage in Isfahan unterbreiten. Eine "vollständige Aussetzung" des Atomprogramms sei jedoch ausgeschlossen.

WTO-Beitritt als Lockmittel

WTO Hauptsitz in Genf
WTO-Hauptsitz in Genf - vielleicht wird der Iran hier bald als vollwertiges Mitglied aufgenommenBild: AP

Seit Dezember 2004 versuchen Deutschland, Frankreich und Großbritannien, den Iran zum endgültigen Verzicht auf die Anreicherung von Uran zu bewegen. Sie verlangen vom Iran eine Garantie, dass das Atomprogramm ausschließlich für zivile Zwecke genutzt wird. Als Gegenleistung wollen sie eine verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen Atomtechnologie, Politik und Wirtschaft anbieten. Zum Beispiel die volle Aufnahme des Iran in die Welthandelsorganisation WTO oder ein Handelsabkommen zwischen der EU und dem Iran.

Ein hochrangiger Diplomat bei der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien bestätigte iranische Angaben, wonach die Europäer Teheran im Gegenzug für einen Verzicht auf die Uran-Anreicherung zusichern wollten, dass der Iran nicht angegriffen wird. Eine hundertprozentige Garantie gegen eine Invasion sei allerdings unmöglich. (reh)