Rassen-Proteste
21. September 2007Zehntausende Menschen aus allen Teilen der USA sind am Donnerstag (20.09.2007) in die US-Kleinstadt Jena geströmt. Überwiegend in schwarz gekleidet, mit Transparenten in den Händen, protestierten sie gegen Rassismus und forderten Gerechtigkeit für sechs schwarze Jugendliche, die ihrer Ansicht nach zu Unrecht angeklagt worden waren.
Black Power
Der Nachrichtensender CNN sprach unter Berufung auf die Polizei von 15.000 bis 20.000 Demonstranten in der rund 3000 Einwohner zählenden Stadt. "Black Power" und "No Justice, no peace!" Schlachtrufe erklangen. Führende US-Bürgerrechtler wie Jesse Jackson, Al Sharpton und der Sohn des 1968 ermordeten Bürgerrechtlers Martin Luther King waren gekommen. In den vergangenen Monaten hatte es in Jena verstärkt Spannungen zwischen Schwarzen und Weißen gegeben
Auslöser war ein Streit zwischen Schülern. Vor einem Jahr hatte ein schwarzer Schüler versucht, auf seinem Schulhof eine inoffizielle Trennlinie zwischen Schwarzen und Weißen zu überschreiten. Er wollte sich - entgegen ungeschriebenen Gesetzen - unter einen für Weiße "reservierten" Baum setzen. Am nächsten Tag hingen an dem Baum Schlingen - ein Symbol der gegen Schwarze gerichteten Lynchjustiz vergangener Tage.
Dummejungenstreich?
Auf dem Schulhof und an anderen Orten der Stadt kam es zu Kämpfen und zahlreichen Vorfällen zwischen Weißen und Schwarzen. In der Schule wurde ein Brand gelegt, nachdem der Direktor den Vorfall als "Dummejungenstreich" bezeichnet und sich geweigert hatte, die drei für die Schlingen verantwortlichen weißen Schüler von der Schule zu verweisen. Sechs schwarze Schüler, die so genannten Jena Six, wurden nach einer Prügelei wegen versuchten Mordes verurteilt. Die Strafen wurden später reduziert. Bezirksstaatsanwalt Reed Walters bestreitet einen rassistischen Hintergrund der Strafverfolgung.
Lange hatte sich landesweit niemand recht für den Fall interessiert. Blogger und junge Aktivisten hatten dann angefangen sich zu engagieren, um schließlich gemeinsam mit der schwarzen Bürgerrechtsbewegung den Massenaufmarsch zu organisieren. Inzwischen ist das Thema im laufenden US-Wahlkampf aufgegriffen worden. Auch US-Präsident George W. Bush hat Stellung bezogen.
Fairness in der Justiz?
Die Ereignisse stimmten ihn "traurig", sagte der US-Präsident am Donnerstag (20.09.07). "Ich verstehe die Emotionen." Alle Bürger der USA wünschten Fairness der Justiz. Zur Demonstration aber kamen vor allem Schwarze. "Wir marschieren heute, um für die Gleichheit in der Strafjustiz zu kämpfen", rief US-Bürgerrechtler Jesse Jackson. Es klang wie ein Appell aus längst vergangenen Zeiten. (mb)