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Gesellschaft

Tausende gegen Gewalt gegen Frauen

26. November 2016

Nach den erfolgreichen Protesten gegen ein Sexualstraftäter-Gesetz in der Türkei haben in Istanbul erneut Tausende Menschen gegen Gewalt gegen Frauen demonstriert - und gegen einen "männlich dominierten Staat".

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Tausende von türkischen Frauen marschieren gegen ein Gesetzesprojekt der Regierung
Bild: Picture-Alliance/AP Photo/E. Gurel

An der Protestkundgebung zum Internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen beteiligten sich AFP-Reportern zufolge mindestens 2000 Menschen. "Wir leisten Widerstand" und "Mit Widerstand gewinnen wir" riefen die Demonstranten in Sprechchören.

Im Kurznachrichtendienst Twitter posteten Teilnehmer ihre Eindrücke des Abends unter dem Hashtag #herHALdedireniyoruz. Das bedeutet so viel wie "Wir wehren uns in jeder Situation" und ist zugleich ein Wortspiel auf "OHAL", das im Türkischen die besondere Dringlichkeit eines Themas zum Ausdruck bringt.

 

Die Vereinten Nationen erkannten 1999 den 25. November als Tag gegen Gewalt an Frauen an. Er geht zurück auf den Tod von drei Schwestern in der Dominikanischen Republik. Sie waren 1960 an Aktionen gegen die Diktatur beteiligt und wurden vom militärischen Geheimdienst gefoltert und ermordet.

Die Webseite kadincinayetleri.org dokumentiert die Ermordung von Frauen in der Türkei. Demnach wurden zwischen 2010 und Anfang 2015 mehr als 1100 Frauen Opfer tödlicher Gewalt. Seitdem - also in den vergangenen 23 Monaten - ist der Macherin der Seite zufolge, der Journalistin Ceyda Ulukaya, die Zahl rapide angestiegen - auf mehr als 1600. In Mehr als der Hälfte der Fälle waren aktuelle oder ehemalige Ehemänner die Täter.

AKP zieht umstrittenes Gesetz zurück

Erfolgreicher Protest in der Türkei

Die türkische Regierung hatte am Dienstag nach massiver Kritik einen Gesetzentwurf zum Sexualstrafrecht zurückgezogen, der unter bestimmten Bedingungen Straffreiheit bei sexueller Gewalt gegen Minderjährige vorsah. Der Entwurf der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP sah ursprünglich vor, dass der Täter bei sexueller Gewalt gegen Minderjährige unter Umständen strafrechtlich nicht belangt wird - und zwar dann, wenn er das Opfer später heiratet. Dies sollte in Fällen gelten, in denen die Tat ohne "Gewalt, Drohung oder jegliche andere Form von Zwang" erfolgte.

Die Regierung will mit dem Gesetz nach eigenen Angaben Kinder schützen, die in Ehen mit Minderjährigen geboren wurden. Nach Angaben von Ministerpräsident Binali Yildirim soll so verhindert werden, dass sie im Fall einer Verurteilung ohne ihren Vater aufwachsen müssen.

Die Opposition und Menschenrechtsorganisationen waren gegen das geplante Gesetz Sturm gelaufen. Das UN-Kinderhilfswerk Unicef warnte vor einer "Art Amnestie" für jene, die sich des Missbrauchs von Kindern schuldig gemacht haben. Tausende Menschen beteiligten sich an Protestkundgebungen in der Türkei.

Am Montagabend schaltete sich schließlich Präsident Recep Tayyip Erdogan in die Diskussion ein und verlangte eine Überprüfung des Gesetzesvorhabens. Der Justizausschuss im Parlament soll sich nun erneut mit dem Entwurf befassen.

bor/cr (mit afp)