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Stellenausschreibung für einen Diktator

22. September 2010

Nordkorea scheint sich auf den nächsten innerfamiliären Machtwechsel vorzubereiten. Die Spekulationen darüber sind an diesem Mittwoch auch Thema auf den Kommentarseiten der deutschen Tageszeitungen.

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Titelseiten deutscher Tageszeitungen (Foto: picture alliance / dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Neue Osnabrücker Zeitung":

"Machthaber Kim Jong Il soll schwer krank sein. Sehr wahrscheinlich wird er auf dem Kongress der regierenden Arbeiterpartei in der kommenden Woche seinen jüngsten Sohn Kim Jong Un in ein mittelhohes Amt hieven und als Nachfolger bestimmen. Die Führung Pjöngjangs brüstet sich damit, dass es eine historische Tagung werde. Das ist sie aber nur, weil die letzte Zusammenkunft dieser Art im Jahr 1980 stattfand. In dem bitterarmen Land indes wird sich nichts Wesentliches ändern. Dafür spricht, wie isoliert von der Öffentlichkeit der Kronprinz aufgewachsen ist - ähnlich wie Kim Jong Il sich im Verborgenen hinter seinem Vater, dem Staatsgründer Kim Il Sung, hielt. Im Grunde weiß man nichts über den jungen Mann. Denkt jemand, der ständig mit der Partei- und Militär-Ideologie einer vermeintlichen Elite konfrontiert ist, wirklich an die Schwestern und Brüder in Südkorea, an das eigene Volk, an wirtschaftliches Wachstum?"

"Märkische Oderzeitung" / Frankfurt (Oder):

"Wie so oft - Genaues weiß natürlich niemand. Und es ist auch gar nicht sicher, ob die nun für kommende Woche angekündigte Versammlung der Parteidelegierten stattfinden wird. Nur soviel scheint sicher: An den Verhältnissen wird sich in Nordkorea mit oder ohne Kim Jong Ils Sohn nichts ändern. Denn die Macht scheint nach der schweren Erkrankung des Diktators einzig bei den Generälen zu liegen, die über eine der größten Armeen der Welt gebieten. Dass sie in den vergangenen Jahren auch ohne die Präsenz ihres 'geliebten Führers' das Land fest im Griff hatten, haben sie hinlänglich bewiesen. Und daran wird sich wohl auch nichts ändern - vorerst jedenfalls. So genau weiß das ja niemand."

"Süddeutsche Zeitung" / München:

"In Nordkorea, so wird allgemein angenommen, ist ein Führungsposten zu besetzen. Eine Stellenausschreibung dafür könnte etwa so lauten: "Junger Diktator gesucht. Aufgabenbereich: alleinige Führung einer nuklear bewaffneten Armee und einer seit Jahrzehnten verkrusteten, leninistischen Partei. Erforderliche Qualifikationen: hinreichende Boshaftigkeit, um dem Volk vom gedeckten Tisch aus weiter beim Hungern zusehen zu können, sowie Nervenstärke, die es ermöglicht, trotz politischer Spannungen mit den USA und Südkorea wichtigen Hobbys wie Basketball oder Jetski nachgehen zu können. Gute Beziehungen zur Garantiemacht China wären ein Plus." Für besagte Position aber ist wohl keine Suchanzeige nötig, weil sie vermutlich zum zweiten Mal hintereinander in dynastischer Erbfolge vergeben werden wird. Ganz genau weiß das zwar niemand außerhalb des Landes vor der nun für kommende Woche anberaumten Parteikonferenz, doch die bisherige Geschichte Nordkoreas legt es nahe."

zusammengestellt von Esther Broders
Redaktion: Thomas Kohlmann