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So einen wie Guttenberg braucht Deutschland

17. Dezember 2010
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So viel Heuchelei war selten. Kaum, dass die ersten Bilder aus Afghanistan herüber flimmerten von unserem smarten Verteidigungsminister samt ebenso smarter Gemahlin, da erhob sich ein Sturm der Entrüstung in dem Land, das nach den Worten eines früheren deutschen Verteidigungsministers "am Hindukusch verteidigt wird".

Henrik Böhme (Foto: DW)
Henrik BöhmeBild: DW

Dass der Chef der Sozialdemokratischen Partei, Siegmar Gabriel, dabei sogar unterhalb der Gürtellinie zuschlug: Wen schert es, es ist ja nur der politische Gegner. Das legt eine gewisse Verzweiflung nahe bei der Opposition. Denn denen fehlt offenbar genau einer wie Karl-Theodor zu Guttenberg.

Einer, der es versteht, seine Botschaften an den Mann zu bringen, ohne laut zu werden. Einer, der Charme versprüht, der Menschen für sich einnehmen kann. Einer, der den Soldaten in Afghanistan das Gefühl vermittelt, er setze sich für ihre Anliegen ein; er nimmt sie ernst. Ja, und der es versteht, PR in eigener Sache zu machen. Was ist daran verwerflich? Und daher war es auch nur richtig, mit seiner Frau bei der Truppe vorbeizuschauen. Die im Übrigen ihre Reise aus eigener Tasche bezahlt hat.

Ein weiterer Vorwurf galt dem mitgenommenen Talkmaster. Über ihn kann man geteilter Meinung sein, doch die nunmehr ausgestrahlte Gesprächsrunde rechtfertigt auch dies: In mehreren eingespielten Filmen wurden der harte Alltag der deutschen Soldaten dargestellt, und die nahmen bei der Schilderung ihrer Sorgen und Nöte kein Blatt vor den Mund. Von PR-Show des Ministers keine Spur.

So einen wie Guttenberg braucht Deutschland. Bieder und spröde hatten wir schon oft genug. Übrigens: Oben erwähnter Amtsvorgänger, der Sozialdemokrat Peter Struck, sprang bei einem seiner Besuche in Afghanistan auf die Bühne und gab den Rockmusiker. Damals applaudierten ihm die Genossen. Aber womöglich ist dies in der Erinnerung verblasst.

Autor: Henrik Böhme
Redaktion: Kay-Alexander Scholz