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Sierens China: Wettlauf um die besten Deals

Frank Sieren, Peking25. Juli 2015

Die neue amerikanische Politik gegenüber Iran und Kuba gibt der deutschen Wirtschaft neue Chancen. Die Chinesen können allerdings schneller reagieren, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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China Kuba Xi Jinping Raul Castro Treffen in Havana
Xi Jinping und Raul Castro 2004 in HavannaBild: Reuters

Amerika hat seine außenpolitische Strategie geändert. Statt Länder wie Kuba und Iran zu isolieren, stehen die Zeichen nun auf Zusammenarbeit. In ihrer Kuba-Politik hat die US-Regierung schon im vergangenen Jahr angefangen, die 180-Grad-Wende zu testen. Und der Atom-Deal ist nur der nächste logische Schritt. Als Nächstes wäre Nordkorea ein geeigneter Kandidat. Dafür dass die USA sowohl mit dem Iran als auch mit Kuba über Jahrzehnte verfeindet waren, geht es jetzt ganz schnell.

Zuerst zu Kuba: Nachdem sich US-Präsident Barack Obama und der Präsident von Kuba Raul Castro am 10. April beim Panama-Gipfel die Hand gaben, wurden die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern wieder aufgenommen. Das Weiße Haus nahm nach 33 Jahren Kuba von seiner Terrorliste. Und seit dieser Woche haben Kuba und die USA wieder Botschaften im jeweils anderen Land. Bei diesem Tempo der Veränderungen dürfen die Kubaner hoffen, dass bald schon die letzten Handels-, Finanz- und Reisebeschränkungen der USA gegen sie aufgehoben werden, und sich die Beziehungen normalisieren könnten.

USA wollen Einfluss in Region sichern

Damit möchte Obama nicht einfach nur die US-Außenpolitik revolutionieren. Es geht auch darum, weiterhin Einfluss in den jeweiligen Regionen zu behalten. Denn der große wirtschaftliche Konkurrent China ist in Kuba längst angekommen und hat sich nach Venezuela schon als wichtigster Handelspartner etabliert. Das hat besonders der jüngste Staatsbesuch von Chinas Präsident Xi Jinping im vergangenen Sommer gezeigt. Xi hatte für Kuba unter anderem neue Kredite und Verträge für den Ausbau der Infrastruktur und der erneuerbaren Energien mitgebracht. Mit dem chinesischen Geld soll zum Beispiel ein neuer Hafen in Santiago de Cuba entstehen.

Es wird lange dauern, bis Amerikaner und Kubaner ein ähnliches Vertrauensverhältnis aufgebaut haben. Noch länger wird es im Iran dauern. Das gegenseitige Misstrauen sitzt viel tiefer. Für die Deutschen ist es einfacher als für die Amerikaner, aber schwieriger als für die Chinesen. Und das, obwohl die Deutschen Unternehmen vor den Sanktionen besonders gute Geschäfte machten. Sie waren einmal der wichtigste Handelspartner Irans. Vor sechs Jahren lösten die Chinesen Deutschland ab. Doch das soll sich nun ändern. Deshalb reiste Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel Ende vergangener Woche als erster westlicher Politiker nach dem Atom-Deal mit einer großen Wirtschaftsdelegation nach Teheran.

Frank Sieren Portrait
DW-Korrespondent Frank SierenBild: Frank Sieren

Viele deutsche Unternehmen noch zurückhaltend

Selbstverständlich wurde er hochrangig empfangen: Präsident, Ölminister, Zentralbankchef. Die DIHK rechnet für den deutschen Handel mit dem Iran mit einem Exportvolumen in zweistelliger Milliardenhöhe. Es wird jedoch nicht einfach sein, sich gegen die Chinesen durchzusetzen. Bei den Deutschen steckt der Teufel im Detail. Während die Vertreter der Spitzenverbände wie Ulrich Grillo (BDI), Reinhold Festge (VDMA) und Eric Schweitzer (DIHK) fast komplett vertreten waren, zeigten sich die deutschen Unternehmenschefs vorsichtig. Nur die Linde AG hat ihren CEO nach Teheran geschickt. Daimler und Volkswagen ließen sich lieber durch ihre Chef-Lobbyisten vertreten. Denn die deutschen Unternehmensvertreter können gegenwärtig nur wenig versprechen.

Der Atom-Deal muss zum Beispiel noch im amerikanischen Kongress ratifiziert werden. Dort gibt es aber Widerstand. Die deutschen Unternehmer wollen sich jedoch nicht mit den Amerikanern anlegen. Dafür ist ihnen der amerikanische Markt zu wichtig. Und was passiert, wenn sich der Iran nicht an die Auflagen hält? Dann müssten die deutsch-iranischen Kooperationen wieder eingestellt werden und der Aktienkurs würden einbrechen. Hinzu kommt, dass es sich bei Iran immer noch um ein Land handelt, in dem es keine Presse- und Meinungsfreiheit gibt. Ein Land zudem, in dem Menschen immer noch zu Tode gesteinigt werden. Auch bei diesem Thema müssen die deutschen Unternehmer und Manager auf die öffentliche Meinung Rücksicht nehmen. Und wie geht man mit der Angst Israels um? Israel hat wiederum Einfluss auf die Amerikaner.

Chinesische Unternehmen können freier agieren

Um all das müssen sich Chinas Manager und Unternehmer nicht kümmern. Im Gegenteil: Peking hält ihnen den Rücken frei. Das kann Gabriel nicht. Die Regierung in Peking geht einfach davon aus, dass wirtschaftliche Kooperation immer besser ist als Sanktionen. Das gefällt den Iranern natürlich. Schon im April, als sich eine Einigung mit Iran am Horizont abzeichnete, war auch gleich eine iranische Delegation unter Leitung von Ölminister Bijan Zanganeh auf dem Weg nach Peking. Die Kooperation mit dem wichtigsten Abnehmer des iranischen Öls sollte schnellstmöglich wieder aufgenommen werden. Für den Westen ist es ein mühsamer Weg. Er kann nicht so schnell von Verteidigung auf Sturm umstellen. Die Chinesen spielen schneller in den freien Raum.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.