1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Von Daten und Glashäusern

Frank Sieren5. Oktober 2015

Die USA und China werden sich immer gegenseitig ausspionieren - da hilft auch kein Vertrag. Und deshalb ist es auch besser, sich die Vorwürfe an den jeweils anderen zu ersparen, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

https://p.dw.com/p/1Giwu
Symbolbild Internet Spionage Kriminalität Cyberangriffe
Bild: picture alliance/dpa

Dass jeder jeden ausspioniert, weiß spätestens seit "Mission Impossible" jedes Kind. Und die erste Episode lief schon 1996. Die Wirklichkeit nährt sich allerdings der Fiktion immer mehr an.

Der jüngste Konflikt zwischen den USA und China liest sich wie ein Film-Drehbuch: Chinesische Hacker stehlen amerikanische Datensätze und Personalakten des State Department. Dadurch sieht sich die CIA gezwungen, ihre Cyberspione aus China abzuziehen, bevor sie enttarnt werden können. Sie werden nämlich in den Akten nicht als Botschaftsmitarbeiter geführt. Peking muss also nun nur eins und eins zusammenzählen.

Erbeutete Personalakten

Zwischen März 2014 und April 2015 wurden tatsächlich die Rechner des amerikanischen Office of Personnel Management - kurz OPM - gehackt und dort die Personaldaten von schätzungsweise 18 Millionen Mitarbeitern entdeckt. Das wurde seitens der Regierung in Washington im Sommer dieses Jahres bestätigt.

"Peking lässt die artigen Amerikaner ausspionieren", war der Tenor von Präsident Barack Obama im Vorfeld des hohen Besuchs aus China, also Gegenwind für Präsident Xi Jinping. US-Politiker, vor allem die Opposition forderten Vergeltung für Chinas Cyberaktivitäten. Das Internet war ja dann auch eines der großen Themen zwischen Xi und Obama bei ihrem Treffen. Letzterer forderte von Chinas Präsidenten, sich klar gegen Cyber-Spionage zu stellen. Deutlichere Worte wagte Obama allerdings nicht. Denn der Direktor der CIA, James Clapper fand es gar nicht lustig, dass er seine Leute abziehen musste. Wer soll jetzt die Arbeit in Peking machen? Also die Spionagearbeit? Informationen klauen eben?

Frank Sieren Kolumnist Handelsblatt Bestseller Autor China
DW-Kolumnist Frank SierenBild: Frank Sieren

Schnell wurde klar, Clappers Weltsicht ist nicht kompatibel mit der politischen PR-Strategie der US-Regierung. "Auch wir betreiben Cyberspionage", sagte Clapper offenherzig in einem Untersuchungsausschuss. Er fügte hinzu: "Und wir sind ziemlich gut darin." Clapper nannte es unklug, andere Länder für Dinge abzustrafen, die auch Amerika tue. Und Clapper verwies auch noch selbst auf das Sprichwort, nachdem keine Steine werfen solle, wer selbst im Glashaus sitze.

Spionage trotz Abkommen

Unter den amerikanischen Hardlinern sorgte das nicht für Begeisterung. Senator John McCain erregte sich darüber, dass - nur weil die USA in einem Glashaus säßen - man jetzt offenbar ungestraft US-Geheimnisse klauen dürfe. Auch damit hat er recht. Welche Vereinbarungen Obama und Xi auch treffen: Die Cyberspione in Peking und Washington werden weiter alles versuchen, um jeweils in das Innerste des anderen zu schauen. Deswegen haben die Weltmacht und die aufsteigende Weltmacht gar nicht erst versucht, darüber einen Vertrag abzuschließen. Das, was sie beschlossen haben, bezieht sich allein auf den Schutz von Stromkraftwerken, Krankenhäusern, Mobilfunknetzen und Banken.

Unser Korrespondent Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.