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Sierens China: Handel ohne Peking

Frank Sieren7. Oktober 2015

Die Anfang der Woche beschlossenen Handelsvereinbarungen zwischen den USA und elf Pazifik-Anrainer-Staaten sind eine Niederlage für China, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Mitgliedsstaaten der Transpazifischen Partnerschaft TTP (Foto: EPA/ERIK S. LESSER)
Bild: picture-alliance/dpa/E. S. Lesser

Ausgerechnet in der "goldenen Woche", der Feiertagswoche zum Nationalfeiertag in China, haben die USA sich mit elf Pazifik-Anrainern endlich geeinigt und ein Freihandelsabkommen abgeschlossen, das es so in der Geschichte noch nicht gegeben hat. Für den US-Präsidenten Barack Obama ist dies ein Erfolg in seiner seit 2011 verfolgten außenwirtschaftlichen Kampagne "Hinwendung nach Asien". Neben den Wirtschaftsmächten USA und Japan umfasst die Transpazifische Partnerschaft (TPP) Australien, Brunei, Kanada, Chile, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam - wobei Washington alle Strippen zusammenhält.

Denn vereint machen die zwölf Mitglieder 40 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung aus. Für die USA wäre es auf der einen Seite die Möglichkeit, seine geschwächte Position als Wirtschaftsmacht zu stärken aber auch den Abstand zu China nun etwas mehr auszubauen. Sollte der US-Kongress das Abkommen durchwinken, dann wäre es der größte ökonomische Deal, der seit zwanzig Jahren zustande kommt. Zuletzt hatten 1994 die USA mit Kanada und Mexiko das NAFTA-Bündnis geschlossen. Auch Bill Clinton hatte sich vor der Wahl 1992 noch gegen NAFTA ausgesprochen, nur um es dann zwei Jahre später doch durchzusetzen.

USA wollen Spielregeln mitbestimmen

Und auch beim TPP-Abkommen liegen die Vorteile auf der Hand: US-Konzerne machen künftig noch mehr Geschäfte mit Asien. Und es kommen noch mehr billige Produkte aus Asien zum US-Verbraucher. Doch während die Republikaner im Land weitere Freihandelsabkommen ablehnen, weil sie den Verlust von Arbeitsplätzen in den USA befürchten, werden die Demokraten auch von den Gewerkschaften in die Mangel genommen. Sie sehen nur, dass TPP eine Entwicklung beschleunigen wird, die NAFTA einst in Gang gesetzt hat: Nicht nur verschwänden Arbeitsplätze, auch die Gehälter würden sinken, weil das produzierende Gewerbe aus den USA in billigere Länder abwandert.

Frank Sieren (Foto: Frank Sieren)
DW-Kolumnist Frank SierenBild: Frank Sieren

Obamas Strategie jedoch ist es immer wieder, mit einem Drohszenario die Gegner im Land auf seine Seite zu bringen. 2013 haben die USA Waren im Wert von 700 Milliarden US-Dollar in den Anrainer-Staaten verkauft. Wenn die USA nicht die Spielregeln für den Welthandel setzten, dann werde es China tun. Peking nimmt die Einigung der Anrainer-Staaten gelassen auf, weil es einerseits selbst Bündnisse mit vielen der Staaten pflegt. Außerdem kann Peking einzelne Staaten natürlich unter Druck setzen, weil sie vom Chinamarkt abhängen. Gleichzeitig haben die neuen Freihandelsabkommen, die China mit Australien und Südkorea abgeschlossen hat, nicht die gleiche Zugkraft, da es hauptsächlich um Agrarprodukte und ein wenig Hightech geht, die nun zu günstigeren Tarifen gehandelt werden. Diese Abkommen sind vor allem politisch wichtig.

Chinesische Unternehmen könnten abwandern

Viele chinesische Unternehmer werden jetzt handeln und in TTP-Ländern produzieren. Zumal auch noch die Lohnkosten in Ländern wie Vietnam oder den Philippinen viel günstiger sind. Noch bis Februar 2016 müssen sich alle Anrainer-Staaten gedulden. Denn dann erst wird der US-Kongress über das TPP-Freihandelsabkommen abstimmen. Genau zur Wahlkampfzeit in den USA. Obama kann noch so sehr durch seine Bemühungen für das Zustandekommen von TPP den Anrainern-Staaten demonstrieren, dass es ihm ernst ist, der Regionalmacht China etwas entgegenzusetzen. Die Innenpolitik spielt aber gegen ihn.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.