Weitreichende Lausch-Befugnisse für schwedische Geheimdienste
19. Juni 2008Das Parlament in Schweden hat ein umstrittenes Sicherheitsgesetz beschlossen, das den Geheimdiensten und Ermittlungsbehörden neue weitreichende Befugnisse gibt. Sie können jetzt den gesamten E-Mail-, SMS-, Internet-, Telefon- und Faxverkehrs aus Schweden mit dem Ausland überwachen. Im Reichstag in Stockholm stimmte eine knappe Mehrheit von 143 zu 138 Abgeordneten für die Vorlage der Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt.
Verdacht unnötig
Zur Begründung des Gesetzes hieß es, die Sicherheitsbehörden müssten Terrorgefahren "von außen" schneller als bisher erkennen können. In einem Land mit hohem technologischen Entwicklungsstand wie Schweden seien auch potenzielle Angreifer technologisch erstklassig ausgerüstet. Deshalb müsse man sie mit eben diesen Mitteln bekämpfen.
Das Gesetz soll am 1. Januar 2008 in Kraft treten. Konkrete Verdachtsmomente oder eine richterliche Anordnung für das Einleiten von Abhörmaßnahmen der Sicherheitsdienste sind nicht erforderlich. Nach Kritik von Abgeordneten auch des Koalitionslagers fügte die Regierung in den Gesetzentwurf in einem Eilverfahren noch einige Ergänzungen ein. So soll die Abhörbehörde ihrerseits von der schwedischen Datenaufsicht und einer neuen Kontrollinstanz überwacht werden. Damit werde der Persönlichkeitsschutz deutlich verbessert, sagte Reinfeldt.
Vorbild China?
Trotz dieser Korrekturen übten die sozialdemokratische Opposition und unabhängige Organisationen massive Kritik an dem Gesetz. Menschenrechtsgruppen sprachen von einer extrem weitgehenden und international fast einzigartigen Verletzung des Persönlichkeitsschutzes. Journalistenverbände kritisierten, die freie Berichterstattung der Medien sei gefährdet, da sie mit einer verstärkten staatlichen Überprüfung rechnen müssten.
Zu den Gegnern des Gesetzes gehören auch der Internet-Unternehmen Google und der schwedische Telekommunikationskonzern Telia-Sonera. Mit dem neuen Gesetz folge Schweden dem Beispiel von Ländern wie China und Saudi-Arabien, sagte Google-Datenschutzexperte Peter Fleischer.