1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Aufatmen in Athen

9. März 2012

Gut 85 Prozent der privaten Gläubiger Griechenlands haben dem Schuldenschnitt zugestimmt. Die griechischen Medien werten das als großen Erfolg, doch Experten warnen, dass die Krise noch lange nicht überwunden ist.

https://p.dw.com/p/14IB6
Griechen winken mit den Händen vor dem Parlament während eines Protests in Athen (Foto: EPA / ALEXANDROS VLACHOS)
In Griechenland wird Schuldenschnitt als Erfolg gewertetBild: picture-alliance/dpa

Die Athener Tageszeitung 'Kathimerini' berichtete vom "größten Schuldenschnitt in der Weltgeschichte", der den Weg für ein neues Hilfspaket für Griechenland öffne. Die Regierung von Premierminister Lucas Papademos, die die schwierigen Verhandlungen zu einem erfolgreichen Ende gebracht habe, lobte die Zeitung genauso wie die beiden großen Volksparteien des Landes, die endlich eine gemeinsame Linie gefunden hätten.

Auch die führende Online-Zeitung 'To Vima' wertet den Schuldenschnitt als Erfolg: Der Verzicht der privaten Gläubiger Griechenlands sei "ein wichtiger Schritt für die Rettung des Landes" . Mit Genugtuung schreibt 'To Vima': "Griechenland wird in der Eurozone und in der EU bleiben, auch wenn das manchen nicht passt." Vor zu viel Euphorie warnt aber die Online-Zeitung: "Der Schuldenschnitt war zwar ein Schritt in diese Richtung. Aber jetzt liegt es an uns, den Konsolidierungskurs erfolgreich zu Ende zu führen.“

Ein gelbes Euro-Zeichen in die blau gefärbten Haare (Foto: dpa - Bildfunk)
Das griechische Wort "koúrema" bedeutet in der Umgangssprache sowohl Haar- als auch SchuldenschnittBild: picture-alliance/dpa

"Eine schöne Frisur"

Die auflagenstarke Tageszeitung "Ethnos" titelt salopp: "Eine schöne Frisur!" - ein in der griechischen Presse übliches Wortspiel, da das griechische Wort "koúrema" in der Umgangssprache sowohl Haar- als auch Schuldenschnitt bedeutet. Die Zeitung geht davon aus, dass die griechische Regierung die aktuelle Beteiligungsquote von 85,8 Prozent zwangsweise auf über 96 Prozent erhöhen wird, in dem sie die im Kleingedruckten der Anleihe vorgesehenen Zwangsklauseln ("Collective Action Clauses") anwendet. Damit sollen die Gläubiger, die bislang auf ihre Forderungen nicht verzichten wollen, zu einem Schuldenschnitt gewzungen werden.

Auch der TV-Sender SKAI rechnet damit, dass die griechische Regierung diese Zwangsklauseln anwenden und dadurch eine Beteiligungsquote von mehr als 96 Prozent erreicht wird. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür, nämlich dass eine Mehrheit der Gläubiger ihre Zustimmung zum Schuldenschnitt freiwillig erklärt, seien gegeben. Ob die Zwangsklauseln aber wirklich angewendet werden, sei letzten Endes aber eine politische Entscheidung.

Ein Arbeiter reinigt nach Ausschreitungen in Athen das Logo der Bank von Griechenland von roter und schwarzer Farbe (Foto: Thanassis Stavrakis/AP/dapd)
Alleine mit dem Schuldenschnitt sind die Probleme nicht verschwundenBild: dapd

"Ein historischer Moment"

Auch Panos Tsakloglou, Professor für Wirtschaft an der Universität Athen, zog im griechischen Fernsehen eine positive Bilanz: "Die Beteiligungsquote war gut, sodass wir jetzt die Zwangsklauseln aktivieren können." Allerdings warnt der Wirtschaftsexperte davor, vom eingeschlagenen Weg zur Rettung der griechischen Wirtschaft abzuweichen. Zwar gelte der Schuldenschnitt als Grundlage für das zweite Rettungspaket für Griechenland - doch die eigentliche Voraussetzung für neue Wirtschaftshilfe sei eine ganz andere, nämlich die Fortsetzung der dringend nötigen Strukturreformen, unterstreicht Tsakloglou.

Autor: Jannis Papadimitriou
Redaktion: Zoran Arbutina