1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Schriftsteller Dieter Kühn ist tot

26. Juli 2015

In fiktiven Erzählungen wie "Ich war Hitlers Schutzengel" wälzte er die Historie um: Dieter Kühn schrieb gerne Geschichten darüber, wie es auch hätte kommen können. Mit 80 Jahren ist der Schriftsteller nun gestorben.

https://p.dw.com/p/1G4v7
Schriftsteller Dieter Kühn gestorben
Bild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Der Kölner Schriftsteller Dieter Kühn schrieb Geschichten, die historische Ereignisse aus einer ausgefallenen Perspektive zeigten. Anstatt sich an die Fakten zu halten, schickte er Beethoven mit dem Sohn eines afrikanischen Sklaven auf eine Schiffsreise oder ging der Frage nach, warum Napoleon nicht Schriftsteller geworden ist. Am Samstag ist der Autor im Alter von 80 Jahren gestorben.

In seiner Erzählung "Ich war Hitlers Schutzengel" trieb Kühn seinen Ansatz auf die Spitze: Er malte sich aus, was geschehen wäre, wenn Hitler am 8. November 1939 im Münchener Bürgerbräukeller dem Attentat von Georg Elser zum Opfer gefallen wäre. Außerdem gibt Hitlers Schutzengel einen Rechenschaftsbericht ab. Bei dem mittelalterlichen Kirchenlehrer Thomas von Aquin hatte Kühn gelesen, dass jeder Mensch, egal wie böse, einen Schutzengel hat. Seine Folgerung: Hitler, der mehrmals knapp dem Tod entging, hatte dann einen besonders tüchtigen Begleiter.

Biograph und Geschichten-Neu-Erzähler

Kühn hat als sehr produktiver Autor über Gestalten aus den unterschiedlichsten Epochen geschrieben. Sein erfolgreichstes Buch wurde "Ich Wolkenstein" über den weit gereisten Ritter-Poeten Oswald von Wolkenstein (1377-1445). Er schrieb auch Biographien über die Musikerin Clara Schumann oder die Lyrikerin Gertrud Kolmar.

Kühn studierte in Freiburg, München und Bonn und promovierte mit einer Arbeit über Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften". Für seine Romane, Biografien, Erzählungen und Hörspiele wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 1975 Hörspielpreis der Kriegsblinden und 1977 den Hermann-Hesse-Preis. Im vergangenen Jahr ehrte ihn das Land Rheinland-Pfalz mit der Carl-Zuckmayer-Medaille für sein Lebenswerk. Gewürdigt wurde er als herausragender Schriftsteller "von großer erzählerischer Kraft und mit unbändiger Lust an der Sprache". Er sei "einer der gescheitesten und stilistisch beeindruckendsten Romanciers, Biografen und Essayisten deutscher Sprache". 2013 erschien seine Autobiographie "Das Magische Auge". Kühn war auch Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.

ab/stu (dpa, epd)